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Ai Weiwei kritisiert Schweizer China-Politik
Aus 10 vor 10 vom 30.01.2023.
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Chinas Regierung in der Kritik Ai Weiwei: «Es wird keinesfalls eine Revolution in China geben»

Er gilt international als das soziale Gewissen Chinas und scheut sich nie davor, offen über das Regime seines Landes zu sprechen. Chinas Covid-Politik zeige deutlich, wie die chinesische Gesellschaft funktioniere, sagt Ai Weiwei im Gespräch mit SRF.

Ai Weiwei

Ai Weiwei

Künstler und Aktivist

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Der 1957 geborene Ai Weiwei ist einer der bekanntesten chinesischen Künstler. Nach regierungskritischen Äusserungen während der Proteste in China im Jahr 2011 wurde er für mehrere Monate inhaftiert. Bis 2015 wurde er mit einem Reiseverbot belegt. Seither lebt er im europäischen Exil – derzeit in Portugal.

SRF: China hat die Null-Covid-Politik beendet, die Coronafälle haben zugenommen. Hat sich der Umgang mit Covid-19 in der Bevölkerung verändert?

Ai Weiwei: Die chinesische Art des Umgangs mit dem Coronavirus zeigt deutlich, wie die Gesellschaft funktioniert. Im Grunde handelt es sich um einen militärischen Polizeistaat, in dem alle Anweisungen von oben strikt befolgt werden müssen. Dafür bezahlt das Volk einen hohen Preis.

Die Regierung hält sich nur, weil sie weder über Menschenrechte noch über ein solides Rechtssystem verfügt.

Zu Beginn hatte der Staat diese Fantasie, «Null Covid» zu erreichen, was keine wissenschaftlich fundierte Entscheidung war – und irgendwann wussten sie, dass sie es nicht mehr kontrollieren können. Also haben sie alles geöffnet, was nicht gut vorbereitet war. Dadurch haben sie in der Öffentlichkeit an Ansehen verloren. Dennoch hängt ihre Herrschaft nicht von der Öffentlichkeit ab, deshalb wird es sie nicht treffen.

Im Dezember gab es einige Proteste in China. Wird es in Zukunft mehr davon geben?

Es gab Proteste gegen die Covid-Beschränkungen. Dabei wurden insbesondere die junge Generation und Frauen verhaftet – ihnen drohen Gefängnisstrafen, was lächerlich ist. Und das wegen minimaler Proteste, dem Hochhalten eines weissen Papiers. Das wird in China nicht geduldet. Ich glaube nicht, dass es weitere Proteste geben wird, wenn sie die Anführer weiterhin verhaften.

Es wird auf keinen Fall eine Revolution in China geben.

Also sehen Sie keine Chance einer Revolution in China?

Das ist unmöglich. Es wird auf keinen Fall eine Revolution in China geben.

Glauben Sie, dass sich die Regierung ändern und mehr für Menschenrechte tun kann?

Das glaube ich nicht. Die Regierung hält sich nur, weil sie weder über Menschenrechte noch über ein solides Rechtssystem verfügt. Das können auch Proteste nicht ändern. Die Regierung hat eine Partei mit fast hundert Millionen Mitgliedern – grösser als jede europäische Nation. China wird sich nicht ändern.

Ai Weiwei im Interview
Legende: Ai Weiwei denkt nicht, dass es weitere Proteste in China geben wird, solange die Anführer verhaftet werden. SRF

Was kann der Westen tun?

Der Westen spürt die Konkurrenz und hat in vielerlei Hinsicht Angst. Ich glaube nicht, dass der Westen wirklich etwas tun kann oder tun wird, weil die bestehenden Bedingungen in China für den Westen von Vorteil und Gewinn sind. Das ist das Problem. Denn wo findet man eine andere Nation mit einem einzigen Führer, die keine Demokratie ist und die bereit ist, mit dem Westen Geschäfte zu machen – und den grössten Arbeits- und Verbrauchermarkt hat? In der Geschichte der Menschheit ist das eine unwiderstehliche Verlockung.

Ich denke, die Schweiz sollte mit China Geschäfte machen – China ist kein Feind.

Sie haben kürzlich gesagt, dass der Umgang der Schweiz mit China scheinheilig sei. Denken Sie das immer noch?

Die Schweiz ist ein Land, das ich liebe, ich habe viele Freunde hier. Aber wenn es um Politik geht, ist die Schweiz sehr scheinheilig. Die Credit Suisse hat mir mein Bankkonto gesperrt. Grund dafür ist, dass ich ein Krimineller sei, was mir die kommunistische Partei vorwirft. Journalisten haben die Bank darauf angesprochen, aber sie geben es nicht zu. Wenn man also so ein grosses Finanzinstitut wie die Credit Suisse hat, das ständig lügt und grosse Fehler macht – das repräsentiert die Schweiz. Es ist schade, dass die Schweiz solche Firmen hat.

Was kann die Schweiz im Umgang mit China besser machen?

Ich glaube nicht, dass die Schweiz etwas ändern sollte. Die Schweiz sollte klare Prinzipien und moralische Werte haben, das ist gut für sie. Und ich denke, sie sollte mit China Geschäfte machen – China ist kein Feind. Aber die Schweiz, eine so stabile, demokratische Gesellschaft, sollte ihre Werte verteidigen.

Das Gespräch führte Stefanie Schunke.

10vor10, 30.01.2023, 21:50 Uhr;

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