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Corona-Ländervergleich Omikron-Ausnahme Schweiz: Fälle steigen, Spitaleintritte sinken

Wo die Virusvariante Omikron dominiert, steigen die Fallzahlen rasant. Auch in der Schweiz wächst der 7-Tage-Schnitt der Fallzahlen ausgehend vom bereits sehr hohen Niveau der Delta-Welle um derzeit 67 Prozent pro Woche. Er liegt mittlerweile bei 21'189 Fällen.

Die entscheidende Frage ist aber, was das für die Belastung des Gesundheitswesens bedeutet. In der Schweiz etwa sinkt die Zahl der Spitaleintritte seit mehr als drei Wochen – obwohl die Fallzahlen im Dezember nur für kurze Zeit gesunken sind und seither steil ansteigen.

Die unten stehende Grafik zeigt, dass es dank der Impfung bereits in der Delta-Welle im Verhältnis zu den Fallzahlen deutlich weniger Spitaleintritte gab als in früheren Wellen. Seit dem Auftauchen von Omikron hat sich dieser Trend nochmals deutlich verstärkt.

So lesen Sie die indexierten Grafiken

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Um die Entwicklung der Spitaleintritte und den Fallzahlen der einzelnen Coronawellen in einer Grafik vergleichen zu können, haben wir die Werte indexiert. Das heisst: Der bisherige Maximalwert der gemeldeten Coronafälle sowie der Maximalwert der Spitaleintritte betragen jeweils 1.0 in der Skala.

So können wir zum Beispiel aus der obigen indexierten Schweizer Grafik ablesen, dass es derzeit 0.35-Mal so viele Spitaleintritte gibt wie zum Höhepunkt im November 2020, die Fallzahlen damals aber nur 0.44-Mal so hoch waren, wie heute.

Würde man auf der vertikalen Achse in der gleichen Grafik mit den normalen Werten für Fallzahlen (bis zu 20'000) und Spitaleintritte (bis zu einige Hundert) arbeiten, wäre die Kurve der Spitaleintritte zu flach, um etwas ablesen zu können.

Ein Blick in andere Länder, in denen Omikron früh dominant wurde, zeigt zwar, dass es im Verhältnis zu den Fallzahlen überall deutlich weniger Spitaleintritte gibt, als in früheren Wellen. Allerdings steigen bei sehr hohen Fallzahlen auch die Spitaleintritte wieder auf dasselbe Niveau wie in früheren Wellen an, etwa in den USA und Dänemark. Auffallend: Nirgends öffnet sich die Schere zwischen Fallzahlen und Spitaleintritten so stark, wie das in der Schweiz der Fall ist. Das zeigen die folgenden Grafiken.

Dänemark

Situation: Die Spitaleintritte steigen aktuell stark und sind in Dänemark mittlerweile sogar leicht höher als im letzten Winter. Dies allerdings bei mehr als fünfmal so hohen Fallzahlen wie damals.

Intensivstationen: Derzeit sind 77 Personen mit Covid-19 in Intensivpflege. Der Höchststand letzten Winter betrug 138.

Impfstoffe und Booster: 79 Prozent der Bevölkerung sind doppelt geimpft, 3 Prozent einfach. Zu rund 86 Prozent wurde hier bisher Pfizer/Biontech verimpft, rund 12 Prozent Moderna. Pro 100 Personen wurden 51 Boosterdosen verabreicht.

Frankreich

Situation : Die Spitaleintritte steigen stark und sind mittlerweile knapp auf dem Niveau der dritten Welle vom Frühling 2021, aber noch deutlich tiefer als in der zweiten Welle.

Intensivstationen: Derzeit liegen 3665 Personen mit Covid-19 auf den Intensivstationen. Die Zahl steigt seit Anfang November kontinuierlich an. Der bisherige Höhepunkt war hier im Frühling 2021 mit rund 6000 Personen erreicht.

Impfstoffe und Booster: 75 Prozent der Bevölkerung sind doppelt geimpft, knapp 5 Prozent einfach. Zu knapp 79 Prozent wurde hier Pfizer/Biontech verabreicht, zu 14 Prozent Moderna, und zu 6 Prozent Astrazeneca. Auf 100 Personen wurden knapp 36 Boosterimpfungen verimpft.

Weshalb bleiben in der Schweiz die Spitaleintritte bisher tief?

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Weshalb sich die Entwicklung in der Schweiz bei den Spitaleintritten aktuell stark von anderen von Omikron betroffenen Ländern unterscheidet, ist auch für Experten unklar. Klar ist einzig, dass sich das wohl noch ändern wird.

So war etwa Dänemark, wo die Spitaleintritte jetzt steil ansteigen, früher von Omikron betroffen als die Schweiz. Das BAG rechnet entsprechend in den nächsten Wochen mit einer stark steigenden Belastung der Schweizer Spitäler.

Viele Faktoren beeinflussen Spitaleintritte

Grundsätzlich gibt es aber sehr viele Faktoren, welche die Hospitalisierungsquote beeinflussen können. Faktoren sind etwa die Altersverteilung der Bevölkerung, der Anteil Genesener, die Impfquote, die verwendeten Impfstoffe oder die Anzahl verabreichter Boosterimpfungen.

«Dass in der Schweiz fast ausschliesslich mRNA-Impfstoffe verwendet werden, ist zum Beispiel gegenüber Grossbritannien sicherlich ein Vorteil. Sie sind wirksamer, als konventionelle und Vektor-Impfstoffe», sagt SRF-Wissenschafstredaktor Christian von Burg.

Auch wenn Daten aus Grossbritannien zeigen, dass Omikron im Vergleich zu Delta nur etwa ein Drittel der Spitaleintritte verursacht, ist es – wie der Blick auf die anderen Länder zeigt – für eine Entwarnung aber definitiv noch zu früh. Entscheidend wird sein, wie gefährlich die Variante für die Ungeimpften ist, und da ist die Unsicherheit noch gross.

Omikron wird also mit grosser Wahrscheinlichkeit auch in der Schweiz in den nächsten Wochen zum neuerlichen Stresstest für das Gesundheitswesen.

Grossbritannien

Situation : Auch hier liegen die Fallzahlen durch Omikron mittlerweile mehr als dreimal höher als letzten Winter. Mit einer gewissen Verzögerung ziehen auch die Spitaleintritte deutlich an, sind aber noch weniger als ein Drittel so hoch wie letzten Winter.

Intensivstationen: 900 Personen brauchen derzeit in Grossbritannien Intensivpflege wegen Covid-19, beim Höhepunkt letzten Winter waren es knapp 4000. Die Zahl ist in den letzten Wochen einigermassen stabil geblieben.

Impfungen und Booster : 70 Prozent der Bevölkerung sind doppelt geimpft, 6 Prozent einmal, von 100 Personen haben 51 eine Boosterimpfung erhalten. Zu den verwendeten Impfstoffen sind keine Daten vorhanden, ein Grossteil der verimpften Dosen dürfte aber Astrazeneca sein.

USA

Situation: Die Spitaleintritte in den USA sind derzeit gar höher als in der zweiten Welle, die Fallzahlen sind rund 2.5-Mal höher als damals. Die Spitaleintritte sind hier praktisch im Gleichschritt mit den Fallzahlen gestiegen.

Intensivstationen: Die Zahl der Personen, die wegen Covid-19 Intensivpflege benötigen, steigt stark an: Derzeit sind es 21'206 Personen. Auf dem Höhepunkt letzten Winter waren es über 28'700 Personen.

Impfungen und Booster: In den USA sind 62 Prozent der Bevölkerung doppelt geimpft, 12 Prozent haben eine Impfdosis erhalten. Auf 100 Personen wurden 22 Boosterdosen verimpft. Zu 58 Prozent wurde Pfizer/Biontech verabreicht, zu 38 Prozent Moderna.

SRF 4 News, 06.01.2022, 16:00 Uhr

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