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Coronakrise Wie Israel zum «Corona-Impfweltmeister» wurde

Kein Land impft so schnell wie Israel. Schon fast einer Million Menschen wurde das Vakzin gespritzt. Wie ist das möglich?

Schon seit dem 19. Dezember läuft in Israel eine massive Impfkampagne. Auf anfängliche Skepsis vieler gegen die Impfung folgte ein enormer Ansturm auf die Impfstationen.

Weisses Zelt auf einem Platz.
Legende: Auf dem zentralen Rabin-Platz in Tel Aviv steht ein riesiges weisses Zelt. Im Minutentakt können dort Bürger gegen das Coronavirus geimpft werden. Reuters

In keinem anderen Land wird nach Informationen von Oxford-Forschern so schnell gegen Corona geimpft wie in Israel. Eine Grafik auf der Website «Our World in Data» vergleicht verschiedene Staaten nach der Zahl der verabreichten Dosen pro 100 Einwohner. Dort hat Israel mit 9.18 Dosen je 100 Einwohner (Stand 30. Dezember) klar die Nase vorn – wenn auch nicht in absoluten Zahlen, denn da führen die USA, China und Grossbritannien. Wie schafft das kleine Land Israel ein so rasantes Tempo?

Netanjahu macht Druck

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat Israel bereits zum «Corona-Impfweltmeister» erklärt. Sehr früh hatte er den Wettlauf um den Corona-Impfstoff zur Chefsache erklärt. Immer wieder telefonierte Netanjahu etwa mit Pfizer-Chef Albert Bourla, um Millionen von Impfdosen für sein Land zu sichern. Als der 71-Jährige sich als Erster mit dem Biontech-Pfizer-Impfstoff impfen liess, sagte er, Bourla sei inzwischen «ein persönlicher Freund von mir und ein Riesenfreund des Staates Israel». Der Regierungschef hatte früher auch gesagt, Bourla sei sehr stolz auf seine jüdisch-griechische Abstammung.

Nach Angaben Netanjahus hat Israel mit Pfizer die Lieferung von acht Millionen Impfdosen und mit Moderna von sechs Millionen Impfdosen vereinbart. Modernas Medizinvorstand Dr. Tal Zaks ist Israeli, er hat in der Wüstenstadt Beerscheva studiert.

Millionen Impfdosen sind nach Medienberichten schon im Land – die genaue Zahl wird geheim gehalten. Als die ersten Impfdosen von Biontech-Pfizer am 9. Dezember in Israel landeten, nahm Netanjahu sie persönlich am Flughafen in Empfang.

Mehrere Gründe

Professor Arnon Afek, Vize-Direktor des Schiba-Krankenhauses bei Tel Aviv, sieht verschiedene Gründe für den besonders erfolgreichen Ablauf der Impfkampagne in Israel.

  • Ein sehr starkes öffentliches Gesundheitssystem mit Krankenversicherung für alle Bürger. Das Modell basiere auf dem deutschen System, mit Krankenkassen und Krankenhäusern, sagt Afek.
  • Ausserdem sei Israel ein hochtechnologisches Land mit weltweit führender medizinischer Ausrüstung und ausgezeichneten Lagerungsmöglichkeiten für den Corona-Impfstoff.
  • Zudem reagierten die Israeli schnell und effektiv auf Krisensituationen, hebt der ehemalige Generaldirektor des Gesundheitsministeriums hervor. Viele Krankenschwestern blieben etwa oft nach Dienstende freiwillig für eine weitere Schicht, um noch mehr Menschen impfen zu können.
  • Nicht zuletzt sei Israel ein sehr kleines Land .
  • Nach Medienberichten bezahlt Israel für den Biontech-Pfizer-Impfstoff einen 40 Prozent höheren Preis als die USA, gegenüber Europa sei die Differenz sogar noch grösser.

Netanjahu war wegen seiner Corona-Politik immer wieder stark in die Kritik geraten. Er weigerte sich etwa, punktuelle Lockdowns in Wohngebieten mit vielen strengreligiösen Juden zu verhängen, obwohl dort die Infektionszahlen besonders hoch waren. Seine Kritiker meinen, er habe befürchtet, die ultraorthodoxen Parteien könnten ihm ihre automatische Unterstützung entziehen.

Nun will Netanjahu mit der beeindruckenden Impfkampagne punkten. Am 23. März wählt Israel zum vierten Mal binnen zwei Jahren ein neues Parlament. Netanjahu, gegen den ein Korruptionsprozess läuft, kämpft dabei um sein politisches Überleben.

SRF 4 News, 14 Uhr, 01.01.2021 ; 

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