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Corona in Afrika: Die Sorge ist gross
Aus Echo der Zeit vom 29.03.2020. Bild: Keystone
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Coronavirus erreicht Afrika Wenn New York überfordert ist, was passiert dann in Nairobi?

In Afrika wächst die Sorge vor einer ungebremsten Ausbreitung des Virus. Denn die Ärmsten können ihm kaum entfliehen.

Ärzte und Pflegekräfte nähern sich Kranken nur in Schutzanzügen, vor den Spitälern reiht sich Sarg an Sarg, das Gesundheitssystem steht am Rande des Kollaps: die Schreckensbilder der Ebola-Epidemie in Westafrika sind uns Europäern derzeit auf schauerliche Weise präsent. Nach konservativen Schätzungen der WHO starben von 2014 bis 2016 über 11'000 Menschen an der Infektionskrankheit. Die Dunkelziffer dürfte weit höher sein.

Afrika in Alarmbereitschaft

Wer glaubte, Europa und Nordamerika seien vor einem solchen Schicksal gefeit, wird nun Lügen gestraft. Metropolen wie New York, Mailand und Madrid sind Hotspots der Corona-Pandemie. In Afrika dagegen gibt es vergleichsweise wenige bestätigte Corona-Erkrankungen.

Polizisten mit Mundschutz
Legende: Zeitversetzt wird sich das Virus wohl auch in Afrika noch stärker ausbreiten – und auf Länder treffen, deren Gesundheitssysteme für einen Kampf gegen das Virus nicht gerüstet sind. Reuters

Doch dies dürfte sich in nächster Zeit ändern. «Die Regierungen aller Länder auf dem Kontinent nehmen die Lage sehr ernst, auch die Sorge in der Bevölkerung ist gross», sagt die Journalistin Bettina Rühl, die seit 2011 aus Kenias Hauptstadt Nairobi berichtet. Manche Länder erliessen schon vor Bekanntwerden erster Fälle drastische Massnahmen. Frühzeitig wurden Grenzen und Schulen geschlossen.

Ausgangssperren quer über den Kontinent

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Nigeria riegelt zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie die Millionenstadt Lagos und die Hauptstadt Abuja ab. Die Massnahme soll ab Montag für 14 Tage gelten. Alle Einwohner der beiden Städte müssten in ihren Wohnungen bleiben. Alle Reisen zwischen verschiedenen Staaten müssen verschoben werden. Alle Geschäfte und Büros sollen während dieses Zeitraums komplett geschlossen werden. In Nigeria sind offiziellen Angaben zufolge 97 Menschen mit dem Coronavirus infiziert.

Auch Simbabwe hat eine nationale Ausgangssperre für 21 Tage verhängt. In dem Land mit rund 14 Millionen Einwohnern, das in einer schweren Wirtschaftskrise steckt, wurden bislang fünf Fälle von Covid-19 bestätigt. Auch in dem bei Touristen beliebten Namibia gilt in einigen Teilen des Landes eine Ausgangssperre. Im Nachbarland Südafrika begann am Donnerstagabend eine landesweite Ausgangssperre.

Hände waschen, Abstand halten, zuhause bleiben – auch diese Vorsichtsmassnahmen gelten nun in vielen Ländern. «Das Problem ist aber, dass viele Menschen dies gar nicht befolgen können», sagt Rühl.

In den Elendsvierteln von Grossstädten leben die Menschen dicht gedrängt. Hygienevorschriften können kaum eingehalten werden. Viele sind gezwungen, ihr Wasser an Brunnen zu beziehen, wo sich die Menschen sammeln. Desinfektionsmittel ist ein Luxusgut.

Ausgangssperren kaum durchsetzbar

Kommt hinzu: Die Menschen müssen raus, um Geld zu verdienen. «Sonst haben sie am Abend nicht zu essen», so Rühl. Auf dem Weg zur Arbeit sitzen sie in überfüllten Kleinbussen. Für die Journalistin stellt sich die Frage, wie stabil die afrikanischen Demokratien unter dem Eindruck der Krise sind. In mehreren Ländern greift die Polizei hart durch.

Strassenzug in Lagos/Nigeria (27.03.2020).
Legende: Hamsterkäufe und Home-Office sind den Reichen vorbehalten. Die weniger Begüterten sind verdammt dazu, ihre Leben wie gewohnt fortzuführen. Im Bild: Strassenzug in Lagos, Nigeria (27.03.2020). Reuters

In Kenia gilt seit letzter Woche eine nächtliche Ausgangssperre. «Schon in der ersten Nacht gab es Schläge für die Bevölkerung, die Presse wurde an der Arbeit gehindert. Die Szenen erinnern an diktatorische Verhältnisse.» Aus Südafrika gibt es ähnliche Berichte. «Das Militär greift massiv durch. Viele Leute können sich aber gar nicht an die Ausgangssperre halten.»

Auf dem riesigen Kontinent sind die Krankenhäuser unterschiedlich gut auf die Corona-Welle vorbereitet. Schwergewichte wie Kenia und Südafrika verfügen über einige Hundert Intensivbetten. In Ländern wie dem kriegsgeplagten Somalia sind die Strukturen extrem dünn. Genauso wie im Niger, einem der ärmsten Länder der Welt. Die Journalistin warnt: Gerade die Landbevölkerung auf dem Kontinent könne kaum auf Intensivmedizin hoffen.

Simbabwe unter dem Shutdown
Legende: Viele Länder sind auf Unterstützung durch die WHO angewiesen. Experten und Hilfslieferungen werden aber durch die Reisebeschränkungen im Zuge der Pandemie zurückgebunden. Im Bild: Menschen vor einem Einkaufszentrum in Simbabwe. Reuters

Die Situation sei extrem schwierig, bilanziert Rühl. «Viele Länder haben keinen Plan B.» In Afrika hat man langjährige Erfahrung mit Infektionskrankheiten. Vielerorts grassieren Krankheiten wie Malaria, HIV und Tuberkulose. Wie das Coronavirus mit ihnen interagiert, ist unklar.

Immerhin: Im Ostkongo etwa wurden während der Ebola-Epidemie Isolierstationen aufgebaut und das medizinische Personal wurde von der WHO geschult. In Ländern, in denen jüngst Infektionskrankheiten grassierten, sei die Bevölkerung aber auch besonders geschwächt – das Coronavirus könnte hier besonders gravierende Folgen haben.

Echo der Zeit vom 29.03.2020, 18 Uhr;

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