Anfang März 2020 wurde in New York der erste Covid-19-Fall diagnostiziert. Ein Jahr später ist die Metropole immer noch im Ausnahmezustand. Aber geimpft wird.
Im schicken Viertel SoHo sind viele Geschäfte zu, die Fenster mit Brettern vernagelt und mit Graffitis besprayt. Auf der Green Street steht ein Hot-Dog-Verkäufer einsam da. «Keine Leute heute Morgen», sagt er und hofft auf den Nachmittag.
Die Strassen wirken wie ausgestorben. Im Design-Geschäft des Museums für Modern Art hütet der Geschäftsführer seit einem Jahr den leeren Laden und auch das Restaurant Balthazar, normalerweise ein Magnet für Feinschmecker, bleibt geschlossen.
New Yorks Wirtschaft hat sich ein Jahr nach dem Anfang der Pandemie nur zögerlich erholt. 750'000 Jobs sind der Stadt verloren gegangen. Die Gastronomie hat es am schlimmsten getroffen.
«Es war ein interessantes Jahr», sagt Erwin Schröttner mit einem Hauch Ironie. Er betreibt in der Lower East Side eine österreichische Kneipe, das Café Katja. Der Betrieb hat überlebt dank geringer Verschuldung und geschicktem Krisen-Management.
Schröttner erzählt, wie die Krise in Wellen kam, zuerst das Virus, dann die Black-Lives-Matter-Proteste. Wie die Leute die Stadt in Scharen verlassen haben.
Am 5. März öffnen nun die Kinos wieder die Türen, wenn auch unter starken Einschränkungen. Die Stadt erwacht langsam aus dem Seuchen-Schlaf. Doch die Pandemie hat bei den New Yorkern tiefe Spuren hinterlassen.
Zehntausende betroffene Obdachlose
Besonders hart getroffen wurden die rund über 50’000 Obdachlosen in der Stadt. Bürgermeister Bill de Blasio quartierte sie zu tausenden in leerstehende Hotels ein, zum Beispiel im Lucerne Hotel an der Upper Westside. Das bringt die wohlhabende Nachbarschaft auf.
Von herumliegenden Fäkalien und kriminellen Übergriffen spricht Nicole Palamé. Sie hat die Organisation «New Yorker for Safer Streets» mitbegründet. 30'000 Haushalte haben sich der Gruppe besorgter Bürgerinnen inzwischen angeschlossen.
«Nicht alle Obdachlosen sind kriminell», sagt der 45-jährige Obdachlose Mark zu den Ängsten der Quartier-Anwohner. Viele hätten ganz einfach ihren Job und ihre Existenz verloren.
Er sei froh, im Hotel Lucerne wohnen zu können und dass er duschen und in einem Bett schlafen könne.
Neuer Impf-Rekord
Die Pandemie hat die dicht bevölkerte Metropole früh und hart getroffen. Fast 30'000 Menschen starben am Virus. Nun schrieben die New Yorker einen neuen Rekord: Bereits fast ein Viertel der Bevölkerung hat mindestens eine Impfdosis erhalten. Ende Februar eröffnete in Brooklyn ein Massen-Impfzentrum die Tore.
Die Leute stehen Schlange vor dem Evers College im Quartier Crown Heights. Auch die 57-jährige Lorraine ist gekommen, um sich die erste Dosis des Impfstoffs von Pfizer spritzen zu lassen.
Priorisierung von Minderheiten
Rund 3000 Personen können pro Tag geimpft werden. Den Minderheiten von Ost-Brooklyn wird Priorität eingeräumt. Denn Bewohner und Bewohnerinnen aus wohlhabenden Quartieren haben sich bis jetzt sich viel öfter impfen lassen als Minderheiten in den ärmeren Stadtteilen von New York.
Die wohlhabenden New Yorker hingegen setzen alles daran, so schnell wie möglich geimpft zu werden.
Der junge Software-Ingenieur Rohin Kapura konnte im ärmlichen Brooklyn-Quartier Brownsville einen Impftermin ergattern, dank technischem Know-how. Dass er jemandem aus Brownsville die Impfdosis wegnimmt, kümmert ihn nicht.