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«Critical Race Theory» «Eltern sind anfällig für einfache Erklärungsmuster»

Die Demokratin und ehemalige Universitätsdozentin Laura Quinn setzt sich seit Jahrzehnten mit der US-Politik und den Einflüssen, denen sie ausgesetzt ist, auseinander. Dass die «Critical Race Theory» nun plötzlich im Mittelpunkt zahlreicher Debatten im Land steht, hänge auch mit der kommerzialisierten Medienwelt in den USA zusammen, sagt sie.

Laura Quinn

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Die Politberaterin und Technologie-Expertin ist Mitbegründerin und Präsidentin von «Catalist», einer umfangreichen Wähler- und Wählerinnen-Datensammlung, die ausschliesslich den Demokraten und progressiven Gruppen zur Verfügung steht.

Sie war die Vize-Stabschefin von Vizepräsident Al Gore und diente als Direktorin der Technologie- und Kommunikations-Kommission des Senats. Sie spielte eine führende Rolle im Team von fünf Präsidentschaftskandidierenden und lehrte an der Harvard-Universität.

SRF News: Wie kommt es, dass in den USA plötzlich alle von der «Critical Race Theory», kurz CRT, sprechen?

Laura Quinn: Das kommt daher, dass sich eine Menge an Informationen oder Falschinformationen in den sozialen Medien und auf Onlineportalen verbreitet haben, die diese bisher unbekannte akademische Theorie plötzlich zum grossen Gesprächsstoff machte. Aber interessanter als diese spezifische Debatte ist, wie soziale Medien benutzt werden, um Konflikte, Wut und Angst zu schüren, in den USA und weltweit.

Wer – oder was – treibt solche Angstkampagnen an?

Es gibt Leute, die Ängste gezielt schüren, um den demokratischen Prozess zu stören und die Bevölkerung aufzuwiegeln. Diese böswilligen Akteure suchen nach den Schmerzpunkten der Gesellschaft und giessen Öl ins Feuer. Und die Technologie unterstützt sie dabei.

Jede Debatte beginnt mit einer real existierenden Angst.
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Die Art und Weise, wie Algorithmen das personalisierte Informationsmenü zusammenstellen, hilft mit, Wut und die Angst zu verbreiten. Das zeigen zum Beispiel Studien von Facebook.

Was ist die Mechanik hinter der aktuellen Debatte? Weshalb kämpfen die Eltern gegen die «Critical Race Theory» an?

Es gibt wütende Eltern. Es ist wichtig, dass man das erkennt. Jede Debatte beginnt mit einer real existierenden Angst. Nehmen wir das Beispiel CRT. Seit ein paar Jahren sehen Eltern zu, wie sich ihre Kinder zunehmend eigenartig verhalten. Die Eltern machen sich Sorgen. Und das macht sie anfällig für einfache Erklärungsmuster.

Sie glauben, dass diese eigenartige ‹Critical Race Theory› ihren Kindern Schuldgefühle wegen ihrer weissen Hautfarbe macht.
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Sie glauben, dass diese eigenartige Theorie ihren Kindern Schuldgefühle wegen ihrer weissen Hautfarbe macht. Oder dass es ein grosses Problem ist, wenn Transgender-Menschen wählen können, welche Toilette sie benutzen. Es könnte ja auch sein, dass die Kinder unter dem Lockdown leiden oder sich vor dem Klimawandel fürchten oder die Abhängigkeit vom Smartphone sie einsam macht. Aber diese Erklärungen zirkulieren nicht in diesen Elterngemeinschaften. Es sind vielmehr Erklärungen, die auf seit jeher gehegte Rassenängste und auf Homophobie zielen.

Tausende Artikel kursieren zum Beispiel auf lokalen News-Portalen im Bundesstaat Virginia. Ist das eine gesteuerte Anti-CRT-Kampagne?

In der völlig kommerzialisierten Medienwelt der Vereinigten Staaten gibt es immer mehr sogenannte News-Quellen, die mit aufwieglerischen Geschichten Klicks erzeugen, um Werbegelder einzunehmen. Dazu sind sie auch bereit, Inhalte zu erfinden. Gerade in Gegenden der USA, aus denen sich traditionelle Medienunternehmen zurückgezogen haben, verbreiten billige Online-Medien oft automatisierte Informationen. Man nennt das «Pink Slime». Das wichtigste kommerzielle Netzwerk dieser Art in den USA ist «Metric Media» des Unternehmers Brian Timpone.

Der republikanische Unternehmer betreibt laut der Columbia University über 1200 lokale Newsseiten. Täuscht es oder führen rechtskonservative Medien die besseren viralen Kampagnen?

Das ist so. Die neuen Technologien bieten das perfekte Transportmittel für diese Kräfte. Denn deren Ideologie beginnt mit der Feststellung, dass sich die Welt in einem schrecklichen Zustand befindet und dass apokalyptische Lösungsansätze nötig sind. Donald Trumps Reden beginnen fast immer damit, wie schlimm alles ist. So schlimm, dass es drakonische Massnahmen braucht, die sich immer gegen einen Teil der Bevölkerung richten.

Die neue Technologie hilft, den realen Schmerzpunkt zu finden, wilde Spekulationen in Umlauf zu bringen, vernünftige Gegenargumente zu neutralisieren und verdrehte Information blitzschnell zu verbreiten.
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Und die neue Technologie hilft bei diesem Erzählbogen, den realen Schmerzpunkt zu finden, wilde Spekulationen in Umlauf zu bringen, vernünftige Gegenargumente zu neutralisieren und verdrehte Information blitzschnell und zu tiefen Kosten zu verbreiten.

Sie sind eine Demokratin und untersuchen seit vielen Jahren die Strategie ihrer politischen Gegner. Was ist das Gegenmittel?

Erstes muss man die Leute darüber aufklären, wie die neuen Kommunikations-Technologien auf sie wirken. Je mehr sie verstehen, desto eher werden sie einen Umgang mit ihnen finden. Zweitens muss man die Kommunikations-Plattformen verbessern. Ihre Produkte weisen gefährliche Sicherheitsmängel auf. Und drittens müssen wir aggressiv in öffentliche und private Informationsquellen investieren, um allen den Zugang zu alternativen Informationen zu gewährleisten.

Das Gespräch führte Isabelle Jacobi.

Echo der Zeit vom 31.01.2022 und 01.02.2022, 18:00 Uhr ; 

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