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Desinteresse trotz Massaker Warum bleibt der internationale Aufschrei im Sudankonflikt aus?

Im Sudan finden brutale Gemetzel statt. Seit die RSF-Miliz am Wochenende die Stadt El Fascher eingenommen hat, sollen schätzungsweise 1500 Zivilpersonen getötet worden sein. In einem Spital hat die Miliz über 400 Menschen massakriert, davon gibt es sogar Bilder. Für den Sudan-Experten Roman Deckert ist das Ausmass der Gräueltaten erschreckend.

Roman Deckert

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Roman Deckert ist Experte für den Sudan. Er arbeitet für die Nichtregierungsorganisation «Media in Cooperation and Transition» in Genf.

SRF News: Wie ist die Situation im Sudan zurzeit?

Roman Deckert: Es ist derzeit der schlimmste Ort der Welt. Und das will etwas heissen, wenn wir zum Beispiel an Gaza oder auch an andere Konfliktorte denken. In El Fascher ist die Hölle auf Erden und wird es auch auf absehbare Zeit bleiben.

Früher gab es oftmals das Problem, dass es keine Bilder aus diesen entlegenen Regionen gab. Aber heute können wir alles quasi in Echtzeit mitverfolgen.

Die Gräueltaten werden auch noch zur Schau gestellt?

Es ist bemerkenswert, dass es – im Unterschied zu anderen, vorherigen Konflikten – Bilder gibt von diesen Kriegsverbrechen. Das heisst, die RSF-Kämpfer filmen sich selber bei ihren Untaten und laden die Videos von den Massakern selber auf Tiktok und andere Plattformen hoch und brüsten sich damit. Das ist eine neue Dimension. Früher gab es oftmals das Problem, dass es keine Bilder aus diesen entlegenen Regionen gab. Aber heute können wir alles quasi in Echtzeit mitverfolgen.

Dass der grosse Aufschrei ausbleibt, hat tatsächlich mit Rassismus zu tun, glaube ich.

Warum bleibt der grosse, internationale Aufschrei aus?

Ja, diese Frage stelle ich mir auch schon seit vielen Jahren. Woran liegt es, dass es Meldungen, wonach im Sudan Hunderte Menschen oder sogar Tausende Menschen gestorben sind, kaum als Kurzmeldungen in westliche Medien schaffen? Ich glaube tatsächlich, es hat mit Rassismus zu tun. Es ist vielleicht kein boshafter Rassismus, aber es ist einfach, weil dort die Menschen anders aussehen. Die Häuser sehen anders aus, die Landschaft sieht anders aus. In Darfur ist Wüste, das sieht aus wie auf dem Mars. Hingegen wenn wir Bilder aus der Ukraine sehen oder früher aus Ex-Jugoslawien, dann können wir im Westen sehr viel stärker eine Beziehung dazu herstellen. Denn die Menschen sehen so aus wie die meisten von uns, die Landschaften und Häuser auch.

Warum sollte uns dieser Krieg interessieren?

In der Schweiz, in Deutschland, in Europa scheint es kaum ein anderes Thema zu geben als Flucht und Migration. Und hier haben wir die grösste Fluchtkrise der Welt. Es sind über 10 Millionen Menschen, die gewaltsam vertrieben worden sind. Das alles ist nicht weit von uns entfernt. Eigentlich möchte ich nicht den Knopf drücken: Habt Angst vor Flüchtlingen. Aber man muss sehen, dass es hier eine grosse Diskrepanz gibt. Auf der einen Seite wird immer wieder über Flucht und Migration debattiert. Auf der anderen Seite hat man die grösste Fluchtkrise der Welt vor sich und interessiert sich nicht für deren Ursachen. Das passt einfach nicht zusammen.

Mehrere Kinder sitzen auf einer Decke.
Legende: Ein Bild aus einem Lager von Vertriebenen in Tawila in der Region Darfur. 27.10.2025. Keystone/Mohammed Jammal

Das Gespräch führte Reena Thelly.

SRF 4 News, 31.10.2025, 06:05 Uhr / Newsplus vom 30.10.2025 ; 

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