- Freundliche Worte ja, Herzlichkeit weniger: Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel und Grossbritanniens Premierminister Boris Johnson haben einen politischen Neuanfang vereinbart.
- Ein Kooperationsvertrag und regelmässige Regierungskonsultationen sollen zur Verbesserung der Beziehung zwischen den beiden Ländern beitragen.
- Das teilten Merkel und Johnson am Freitag bei einer Pressekonferenz mit.
- Bei weiteren Themen war die Einigkeit zwischen den Regierungschefs weniger ausgeprägt.
Bei einem Treffen auf dem Landsitz der britischen Regierung in Chequers haben die deutsche Regierungschefin Angela Merkel und der britische Premierminister Boris Johnson einen Neuanfang in den Beziehungen zwischen ihren Ländern vereinbart.
Die Kanzlerin sagte dem britischen Premier zu, die strikten Einreisebeschränkungen für Grossbritannien wegen der Verbreitung der Delta-Variante des Coronavirus bald zu lockern. Sie gehe davon aus, dass das Land «in wirklich absehbarer Zeit» vom Virusvarianten-Gebiet zum Hochinzidenzgebiet heruntergestuft werde, so Merkel.
Besorgt zeigte sich Merkel allerdings über die geplante Austragung der Halbfinalspiele und des Finales der Fussball-Europameisterschaft im Londoner Wembley-Stadion vor bis zu 60'000 Zuschauern. Sie verwies darauf, dass bei den Spielen in München deutlich weniger Zuschauer zugelassen worden seien. «Ich bin sorgenvoll und skeptisch, ob das gut ist und nicht ein bisschen viel», sagte Merkel.
Johnson wies hingegen auf die weit fortgeschrittene Corona-Impfkampagne in Grossbritannien hin. «Der entscheidende Punkt ist, dass wir hier im Vereinigten Königreich eine beträchtliche Mauer aufgebaut haben durch das Impfprogramm», sagte er.
Bemühung um Lösung im Nordirland-Konflikt
Zum anhaltenden Streit über die Umsetzung des sogenannten Nordirland-Protokolls im Brexit-Abkommen betonte Merkel, es müsse eine Lösung gefunden werden, die für alle Seiten akzeptabel sei. Im Hinblick auf das angespannte Verhältnis zwischen London und Brüssel mahnte sie Geduld an.
Es brauche Zeit, bis sich die Beziehungen normalisierten. «Mit gutem Willen und Geduld können wir das klären», sagte auch Johnson über die Konflikte mit der EU.
Die EU war London erst vor wenigen Tagen im Streit um die Einfuhr von gekühlten Fleischprodukten nach Nordirland entgegengekommen und hatte eine Übergangsfrist verlängert. Wegen abweichender Hygieneregeln hätten solche Produkte eigentlich von Juli an nicht mehr von England, Schottland und Wales nach Nordirland eingeführt werden dürfen. Nun gab es drei Monate Aufschub. «Stellen Sie sich vor, Bratwurst könnte nicht von Dortmund nach Düsseldorf gebracht werden. Das müssen wir klären», betonte Johnson.
Um grösstmögliche Harmonie bemüht, liess der britische Gastgeber Würstchen auf dem Menüplan für das Mittagessen in Chequers daher lieber aussen vor: Serviert wurde stattdessen eine Tarte mit englischem Spargel, gefolgt von Rinderfilet aus Oxfordshire und einem Pudding-Törtchen mit Brombeereis. Das wahre Sahnehäubchen ihrer Reise wartete für Merkel jedoch nach dem Essen in Windsor: eine Privataudienz bei Queen Elizabeth II. höchstpersönlich.