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Drei Schlupflöcher Trump könnte trotz Niederlage legal an der Macht bleiben

Donald Trump hat bei den US-Wahlen eine Niederlage erlitten. Doch er könnte auch ohne regulären Wahlsieg Präsident bleiben. Schuld daran sind Schwachstellen in der 233 Jahre alten US-Verfassung, wie der TV-Sender «Arte» berichtete. Die US-Verfassung und das amerikanische Wahlsystem bieten dem Amtsinhaber genügend Schlupflöcher, um ganz legal im Weissen Haus zu bleiben.

1. Schwachstelle: Wahlmänner-Chaos In den USA wird der Präsident nicht direkt gewählt. Stattdessen stellt bekanntlich jeder Bundesstaat je nach Einwohnerzahl eine gewisse Anzahl von Wahlleuten. Die Staaten übermitteln in einem Wahlzertifikat den Namen an den Kongress. Das ist die Aufgabe der Gouverneure. Aber nichts verbietet es dem Parlament der Bundesstaaten gleichzeitig, ein eigenes Zertifikat nach Washington zu schicken. Und darin könnte es alle Wahlleute den Republikanern zuteilen. «Ausgerechnet die wichtigsten Swing-Staaten Pennsylvania, Michigan und Wisconsin haben Parlamente, die von den Republikanern kontrolliert werden und sie alle haben demokratische Gouverneure», erklärt US-Rechtswissenschaftler Lawrence Douglas. Damit steige die Wahrscheinlichkeit, dass dem Kongress konkurrierende Wahlzertifikate vorgelegt werden. Letztlich entscheidet der Kongress, welche der beiden Wahlleute-Listen er akzeptiert.

2. Schwachstelle: Ein gefährlicher Wahlkalender Zwischen dem Tag der Wahl und dem Amtsantritt des US-Präsidenten am 20. Januar liegen elf Wochen. Der Grund für diese lange Übergangszeit: In den USA wird nicht nur der Präsident, sondern die gesamte Verwaltung ersetzt, was viel Zeit braucht. Aber das heisst auch, dass der Amtsinhaber über Wochen hinweg seine volle Macht ausschöpfen kann, selbst wenn er die Wahl verliert. Er könne durchaus juristische Teams entsenden, um in den entscheidenden Staaten zum Beispiel die Briefwahlstimmen anzufechten, erklärt Douglas.

3. Schwachstelle: Mangelnde Schutzmechanismen In einer Demokratie wird die Macht der einen durch die Macht der anderen ausgeglichen. Doch parlamentarische Verfahren wie ein Misstrauensvotum fehlen in der US-Demokratie. «Wir haben vielmehr ein präsidiales, denn ein parlamentarisches System», betont der Juraprofessor am Amherst College in Massachusetts. Dann würde der Oberste Gerichtshof die Präsidentschaftswahl entscheiden.

Es bleibt noch das Volk: Die Bürgerplattform « Protect the results » zum Beispiel will sicherstellen, dass Trump das Land nicht in eine Verfassungskrise stürzt. «Was wir heute erleben, ist die Art von Präsident, der die Mängel im System entblösst und leider sind die Mängel im System so verankert, dass man sie jetzt nicht korrigieren oder beheben kann», urteilt der Verfassungsrechtler Douglas abschliessend.

Tagesschau, 05.11.20, 19.30 Uhr ; 

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