Lena Schilling ist das Gesicht der österreichischen Klimabewegung. Sie war bei Fridays for Future, ging für Feminismus auf die Strasse, protestierte gegen die Ausbeutung von Erntehelfern und hat sich bereits als Gymnasiastin für eine Schulreform starkgemacht.
«Lena Schilling hat es geschafft, zum Gesicht der modernen österreichischen Umweltbewegung zu werden», sagt Fabian Schmid, Investigativjournalist beim «Standard», der den Skandal um Lena Schilling mit aufgedeckt hat.
Die Grünen waren sich zunächst sicher, mit der parteipolitischen Newcomerin einen Coup zu landen und nominierten sie mit 97 Prozent als Spitzenkandidatin. Das zahlte sich zunächst auch aus.
Gerüchte verbreitet
Doch der Journalist Schmid und seine Kolleginnen vom linksliberalen «Standard» stellten in einer sorgfältigen Recherche gravierende Verfehlungen der grünen Spitzenkandidatin fest. So kolportierte Schilling unter anderem, eine Freundin und Mitstreiterin der Ökobewegung werde von ihrem Mann geschlagen und habe eine Fehlgeburt erlitten. Auf Druck der Betroffenen musste sie eine Unterlassungserklärung unterzeichnen.
Wir sind nicht hierhergekommen, um uns von einem anonymen Gemurkse aufhalten zu lassen.
Zudem dichtete sie einem Journalisten eine Affäre mit ihr an, die der Betroffene nur deshalb gegenüber seinen Vorgesetzten entkräften konnte, weil er alle Chats mit Schilling offenlegte.
Die Grünen wischten die Vorwürfe vom Tisch als Versuch «eine junge, engagierte Frau fertigzumachen». Grünen-Parteichef und Vizekanzler Werner Kogler sagte an einer eilig einberufenen Pressekonferenz: «Wir sind nicht hierhergekommen, um uns von einem anonymen Gemurkse aufhalten zu lassen. Sicher nicht.»
Schilling verteidigte sich wie eine erfahrene Politikerin: «Ich steh jetzt da, muss an einem Mittwochvormittag über Themen reden, statt über das zu reden, worum es eigentlich geht: nämlich über die Dinge, die die Menschen im Land wirklich beschäftigen.» Deswegen gehe sie auf einzelne Gerüchte nicht ein. «Ich hoffe, es ist akzeptabel, dass mein Privatleben noch mein Privatleben ist.»
Nun bekennt sich Schilling zu den Grünen
Doch es wird noch bizarrer: Der «Standard» hat teilweise eidesstattliche Versicherungen, wonach sich Schilling beklagt habe, dass die grüne Fraktionschefin im Nationalrat, Sigrid Maurer, sich unangemessen verhalten und sie bedrängt habe – was immer das heisst.
Sie hasse die Grünen, habe Schilling in Chats noch kurz vor ihrer Nominierung geschrieben, erklärt Journalist Schmid. Dem «Standard» lägen weitere Chatmeldungen vor, die suggerierten, dass Lena Schilling erwogen habe, nach der Wahl zu den Linken zu wechseln. Inzwischen bekennt sich Schilling explizit zu den Grünen und will der Partei beitreten.
Diese Person sorgt für Schaden und existenzbedrohliche Situationen.
Im Fall Schilling ist Österreich geteilt. So fragte Bundespräsident Alexander van der Bellen, der bis zu seiner Wahl zum Staatsoberhaupt grüner Spitzenpolitiker war: «Wer macht als junger Mensch keine Fehler?»
Selbst Investigativjournalist Schmid äussert sich sehr vorsichtig bei der Motivforschung und erwähnt die Unerfahrenheit von Lena Schilling.
Die Recherche des «Standards» rechtfertigt er so: «Wir haben jemanden, der sich für ein Amt bewirbt, in dem sie dann Entscheidungen für 450 Millionen EU-Bürgerinnen und -Bürger mitfällt. Und diese Person sorgt für Schaden und existenzbedrohende Situationen. Ich finde, das sollte man den Wählerinnen und Wählern offenlegen.»