Was ist passiert? In der Nacht hat ein schwerer Angriff Flüchtlinge in einem Migrantenlager nahe der libyschen Hauptstadt Tripolis getroffen. Mindestens 44 Menschen – vorwiegend afrikanische Migranten – wurden nach Angaben der UNO getötet, über 130 verletzt. Der UNO-Sondergesandte für Libyen, Ghassan Salamé, stuft den Angriff als mutmassliches Kriegsverbrechen ein.
Haftars Truppen sagen, es sei eine Miliz aus der Region gewesen, die das Lager angegriffen hat.
Wer steckt hinter dem Angriff? Libyen ist in zwei rivalisierende Regierungen gespalten. Die international anerkannte Regierung in Tripolis macht General Chalifa Haftar, der weite Teile des Landes kontrolliert, für den Angriff verantwortlich. Doch dies sei nicht erhärtet, sagt die freie Journalistin Astrid Frefel gegenüber SRF. «Haftar selbst sagt, er habe nichts damit zu tun.»
Die UNO-Flüchtlingsorganisation UNHCR verlangt nun eine internationale Untersuchung. «Auch die Regierung in Tripolis spricht sich für eine solche Untersuchung aus, damit man abklären kann, wer es war», sagt Frefel.
«Haftars Truppen sagen, es sei eine Miliz aus der Region gewesen, die das Lager angegriffen hat.» Auch sei momentan noch unklar, ob es wirklich ein Luftangriff war, oder ob eine Rakete vom Boden aus geschossen wurde.
Wurde das Lager gezielt attackiert? «Wahrscheinlich eher nicht», sagt Frevel. «Denn in unmittelbarer Nähe dieses Lagers liegt das Hauptquartier einer Miliz. Und gegen diese Miliz kämpft Haftar.» In den letzten Monaten habe er versucht, gegen die Milizen vorzugehen und die Hauptstadt mit Bodentruppen einzunehmen. Das habe nicht geklappt. «Vor etwa zehn Tagen hat er zudem eine wichtige Basis bei Tripolis verloren.» Danach habe Haftar erklärt, man gehe jetzt mit unkonventionellen Mitteln vor, vor allem mit Luftangriffen.
Gibt es Anzeichen für eine Lösung des Konflikts? «Im Moment überhaupt nicht», sagt die Journalistin. Haftar habe mit seiner Militäraktion Anfang April ganz gezielt alle politischen Bestrebungen, darunter die Organisation einer nationalen Konferenz, torpediert. «Im Moment sieht es nicht so aus, als ob es eine Chance gibt, dass man diesen Faden wieder aufnimmt.» Haftar besteht laut Frefel offenbar darauf, dass er zuerst alle Milizen in Tripolis militärisch bekämpfen, und erst dann Hand zu einer politischen Lösung bieten will.