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Facebook-Währung Libra Schweizer Standort ist dem US-Kongress ein Dorn im Auge

Facebook muss in Washington über die geplante Kryptowährung Libra Auskunft geben. Umstrittener Standort der neuen Firma ist Genf.

Heute muss der Libra-Verantwortliche von Facebook, David Marcus, vor dem Finanzdienstleistungsausschuss im US-Repräsentantenhaus aussagen. Leichtes Spiel wird er mit der Vorsitzenden Maxine Waters nicht haben.

Maxine Waters
Legende: Maxine Waters, eine Demokratin, fühlt dem Facebook-Vertreter im Repräsentantenhaus auf den Zahn. Reuters

«Wir müssen uns kundig machen, was mit dieser neuen Kryptowährung genau passiert», sagte sie in einem Interview mit CNBC im Vorfeld. In einem Brief an die Facebook-Unternehmensleitung verlangte sie, dass Facebook die Kryptowährung nicht weiterentwickelt, bis regulatorische Fragen geklärt sind.

Bedenken wegen Geldwäscherei

Als dringliche Frage nennt die Demokratin den Standort Schweiz. Sie sei besorgt darüber, dass die Libra Association in der Schweiz ansässig sei und frage sich, was das zu bedeuten habe, so Waters. Die Schweiz habe eine Geschichte – unter anderem in Sachen Geldwäscherei.

Auch in der gestrigen Anhörung vor dem Bankenausschuss des US-Senats ging es nicht lange, bis der Standort zur Sprache kam. «Müssten nicht die USA führend sein, wenn es darum geht, Regeln aufzustellen und Aufsicht auszuüben?», fragte der republikanische Vorsitzende Mike Crapo den Libra-Verantwortlichen Marcus.

David Marcus
Legende: David Marcus, ehemaliger Paypal-Präsident und derzeit bei Facebook angestellt, muss vor dem US-Kongress Red und Antwort stehen. Keystone

«Ja, sicher», sagte dieser diplomatisch, und erklärte weiter, Facebook habe die Schweiz nicht gewählt, um sich aus der Verantwortung zu stehlen oder der Finanzaufsicht zu entkommen. Sondern vielmehr, weil die Schweiz ein anerkannter Standort für internationale Organisationen sei, so Marcus.

Allerdings hält er in der schriftlichen Aussage klar fest, dass die Schweizer Finanzmarktkontrolle Finma für die Regulierung des Libra-Konsortiums zuständig sei. Randall Kroszner ist Wirtschaftsprofessor an der Universität von Chicago. Davor sass er im Gouverneursrat der US-Notenbank Fed.

Warum bleibt ein Unternehmen nicht in den USA, wenn dort die meisten Kunden leben?
Autor: Randall Kroszner Wirtschaftsprofessor

Natürlich sehe man es in den USA lieber, wenn Libra zu Hause ansässig wäre, sagt er. Immer wenn ein Unternehmen offshore gehe, müsse man sich fragen: «Warum bleibt es nicht in den USA, wenn dort die meisten Kunden leben?»

Randall Kroszner
Legende: Randall Kroszner war bei der Fed, nun doziert an der Universität von Chicago. Er sähe den Sitz von Libra lieber in den USA. Reuters

Die Regulierungsbehörden stünden vor einer riesigen Aufgabe. Diese gehe über die herkömmliche Finanzmarktaufsicht weit hinaus: Heute müssten die Kontrollbehörden über technologisches Knowhow verfügen, über Cybersicherheit, den Wettbewerb zwischen digitalen Plattformen und die Folgen für die Innovation nachdenken. «Die zukünftige Finanzmarktaufsicht muss sich mit entsprechenden Experten und Beobachtern vernetzen.»

Finma unter Beobachtung der USA

Es reiche nicht, einfach das Aufgabengebiet der bestehenden Behörden zu erweitern. Hat Kroszner etwa Zweifel, ob die Finma der Aufgabe gewachsen ist? Er wolle nicht die Schweizer Regulierer anprangern, erklärt der Professor.

Niemand sei vorbereitet auf diese fundamentale Erneuerung des Währungssystems. Und das sei es, was Libra im Sinn habe: eine Alternative für den Zahlungsverkehr und das Währungssystem schaffen.

Das Wichtigste für die Regulierer sei in einem ersten Schritt, nicht zu versuchen, die Aufgabe im Alleingang zu lösen. Eines ist somit klar: Was auch immer die Finma in Sachen Libra unternehmen wird, sie hat die volle Aufmerksamkeit in Washington.

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