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Flüchtlinge in Bosnien «Bevölkerung hat keine Empathie für diese Menschen entwickelt»

Tausende Flüchtlinge sitzen im kleinen Balkanstaat Bosnien und Herzegowina an der Grenze zum EU-Land Kroatien fest. Kroatien schickt die Menschen zurück, auch mit Gewalt. Leidtragende sind die Flüchtlinge und die Bevölkerung. Die lokalen Behörden sind mit der Situation überfordert. Tanja Topic schildert die Lage der Menschen im Nordwesten Bosniens.

Tanja Topic

Politologin, Friedrich-Ebert-Stiftung

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Tanja Topic ist Politologin an der Friedrich-Ebert-Stiftung in Banja Luka in Bosnien und Herzegowina. Die Stiftung steht der deutschen Sozialdemokratischen Partei nahe.

SRF News: Wie sind die Flüchtlinge an Bosniens Grenze untergebracht?

Tanja Topic: Das Problem ist, dass viele der Flüchtlinge gar nicht untergebracht worden sind. Einige hausen in Zelten in dem Camp, das von der Internationalen Organisation für Migration aufgebaut worden ist. Das sind einige Tausend Menschen. Aber viele sind einfach draussen, schlafen auf Bänken, ohne Versorgung. Sie haben keine normalen Lebensbedingungen.

Sind die dort gestrandeten Flüchtlinge und Migranten verzweifelt?

Ja, viele von ihnen sind wütend. Viele versuchen, weiter in die Europäische Union zu kommen. An der Grenze sind sie mit Gewalt konfrontiert, denn die Polizisten in Kroatien gehen nicht gerade freundlich mit Flüchtlingen um. Und es gibt natürlich auch viele, die einfach nicht wissen, was sie tun können.

Sie haben keine Unterkunft. In der Folge kommt es auch zu Zwischenfällen. Die lokalen Behörden sind damit überfordert. Das führt zu Nervosität in den Gemeindeverwaltungen, aber auch unter den Bürgern. Sie warten auf mehr Unterstützung von der Zentralregierung in Sarajevo und anderen Ebenen.

Wie reagieren die Menschen, die in diesem Gebiet zu Hause sind?

Es herrschte von Anfang an eine merkwürdige Atmosphäre in der Bevölkerung. Das hat mich gewundert, denn Flüchtlinge aus Bosnien und Herzegowina sind schliesslich selbst überall in der Welt verstreut. Aber in den Medien wurde ein negatives Bild von Flüchtlingen kreiert; dass es viele Kriminelle unter den Flüchtlingen gebe und dass viele von ihnen Terroristen seien. Das hat eine gewisse Distanz, aber auch Angst in der Bevölkerung provoziert, sodass sie überhaupt keine Empathie für diese Menschen entwickelt hat.

Ist die prekäre Lage der Flüchtlinge in Bosnien-Herzegowina eine Folge der Schliessung der Balkanroute vor zwei Jahren?

Ich habe den Eindruck, dass die EU Bosnien und Herzegowina mit diesem Problem im Stich gelassen hat. Man beobachtet die schwierige Situation. Man sagt, man sei besorgt. Aber im Prinzip hat man bis heute nicht viel getan. Es stellt sich auch die Frage: Wieso hat man keine Unterkunft für die Flüchtlinge aufgebaut? Warum hat man die Leute dort, wo sie sich aufhalten, nicht integriert? Damit meine ich vor allem die Kinder, die zur Schule gehen sollten.

Das Gespräch führte Brigitte Kramer.

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