Frankreich steht erneut ohne Regierung da. Nach einer verlorenen Vertrauensabstimmung hat Premierminister François Bayrou seinen Rücktritt angekündigt. Präsident Emmanuel Macron muss nun zum fünften Mal in vier Jahren einen Nachfolger finden. Die politische Lage ist blockiert und die Bevölkerung frustriert. SRF-Frankreich-Korrespondentin Zoé Geissler ordnet die Situation ein.
Wie sind die Reaktionen auf den Sturz der Regierung?
François Bayrou war einer der unbeliebtesten Premiers, weshalb sein Sturz in mehreren Städten gefeiert wurde. Der Unmut in der Bevölkerung ist gross; viele fühlen sich von der Politik in Paris abgehängt. Bayrous umstrittene Sparvorschläge sorgten zusätzlich für Empörung. Gleichzeitig wächst bei anderen die Sorge, denn die Krise zeigt einmal mehr: Frankreichs Politik ist blockiert und es fehlt an Stabilität.
Bayrou ist über das Sparpaket gestolpert. Wie steht die Bevölkerung dazu?
Sowohl die Politik als auch die Bevölkerung sind sich einig, dass gespart werden muss. Über das Wie herrscht jedoch grosse Uneinigkeit. Eine Mehrheit will zwar die öffentlichen Ausgaben kürzen, statt die Steuern zu erhöhen. Doch ob bei den Sozialausgaben oder bei den Unternehmen gespart werden soll, ist heftig umstritten. Ein mehrheitsfähiger Sparhaushalt, der von der Politik und der Bevölkerung getragen wird, scheint derzeit in weiter Ferne.
Welche Optionen hat Präsident Macron jetzt?
Der Druck auf Macron ist enorm. Das rechtsnationale Rassemblement National fordert die Auflösung der Nationalversammlung. Diese Option nutzte Macron aber bereits letztes Jahr und schwächte dabei sein eigenes Lager. Eine erneute Auflösung birgt das Risiko, die politischen Ränder weiter zu stärken. Die Linkspopulisten fordern derweil Macrons Rücktritt, während Grüne und Sozialisten eine linke Regierung vorschlagen, nachdem Macron es zweimal mit einer Mitte-Rechts-Regierung versucht hat.
Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Dreiteilung des Parlaments erhalten bleiben dürfte, dass es also wieder keine klaren Mehrheiten geben wird. Und auch dadurch könnten die politischen Ränder im Land nochmals etwas gestärkt werden.