Während in den europäischen Terrorbewegungen wie Baader-Meinhof oder den Roten Brigaden Frauen und Männer oft gleichermassen in Erscheinung traten, sind es bei ideologischen Gebilden wie dem IS vor allem Männer, die kämpfen respektive Anschläge verüben. Das hat mit der Ideologie innerhalb der Terror-Organisation IS zu tun, sagt Daniela Pisoiu. Sie ist Terrorismus-Expertin am Österreichischen Institut für internationale Politik.
SRF News: Beim Anschlägen von Islamisten fällt auf, dass die Täter immer Männer sind. Frauen als Täterinnen sind selten. Warum?
Daniela Pisoiu: Das ist tatsächlich ideologisch bedingt. Die Ideologie sieht gewisse Aufgaben für Männer und andere für Frauen vor. Frauen gehören dabei in der Regel ins Haus. Ihre Aufgaben finden sie dort – vor allem in der Kindererziehung. Und die Männer sollen eben kämpfen.
Trotzdem sind Frauen wichtig für die Terrorgruppe IS. Weshalb?
Den Frauen werden gewisse Rollen zugewiesen. Frauen wurden auch in diesem Sinne durch die Propaganda angelockt. Man hat ihnen als Krankenschwestern oder Lehrerinnen eine Beschäftigung versprochen.
Jemand muss sich um die Verwundeten kümmern, um die Kinder, um die Männer.
Darüber hinaus sind sie für die Ausbildung der Kinder zuständig und erfüllen sämtliche Aufgaben zu Hause. Frauen sind indes für den IS sehr wichtig, weil ihre Aktivitäten absolut notwendig sind für das Überleben der Organisation. Jemand muss sich um die Verwundeten kümmern, um die Kinder, um die Männer. Und der IS wollte ja einen Staat gründen, nicht nur eine Kampftruppe. Und dafür braucht man Frauen genauso wie Männer.
Wie muss man sich die Ausbildung der Kinder vorstellen?
Es ist unterschiedlich. Je nach Sicherheitslage wurden Kinder tatsächlich auch in die Schule geschickt. Wenn es gefährlich war, wurden sie zu Hause unterrichtet. Natürlich hat im Schulstoff immer die Religion die Hauptrolle gespielt und die Unterrichtsmaterialien wurden vom IS gutgeheissen.
Die IS-Frauen sind auch in den sozialen Medien aktiv. Was tun sie dort?
Auch in dem Fall sind die Gruppen nach Geschlechtern getrennt. Es gibt Frauengruppen online, und diese beschäftigen sich mit unterschiedlichen und darunter auch alltäglichen Themen, wie etwa Schönheit oder Kochen, oder wie man Kinder erzieht. Andere Themen sind mehr politischer Natur.
Frauen waren auch fleissig im Verbreiten von Propaganda.
Frauen waren auch sehr fleissig im Verbreiten von Propaganda. Und in manchen Fällen sind wir zum Schluss gekommen, dass die Kommentare von Frauen schon etwas extremer waren als die von Männern, zum Beispiel in Posts, in denen sie Köpfungsvideos kommentiert haben. Darüber hinaus sind die Frauen weiterhin auch online beschäftigt mit Hilfeleistungen für Gefangene und natürlich auch mit Geld sammeln für die Organisation.
Man hört, dass der IS auch über eine Frauenbrigade verfügt. Wozu?
Diese Brigade ist so eine Art Sittenpolizei. Sie muss sicherstellen, dass sich Frauen auf der Strasse und anderswo gemäss den Regeln des IS verhalten. Sie haben bei Regelverstössen Frauen auch bestraft. Von diesen Brigade-Frauen gibt es im Übrigen Fotos, auf denen sie Waffen in der Hand halten.
Frauen dürfen auch kämpfen. Allerdings nur, wenn es nicht genug Männer gibt.
Und es gab auch Spekulationen, dass eventuell diese Frauen auch an der Front gekämpft haben. Bis jetzt sind diese Informationen umstritten.
Für die Frauen gehört also auch die Ausbildung als Kämpferin dazu?
An sich ist der bewaffnete Kampf nicht für Frauen vorgesehen. Das war eigentlich immer so. Vor ein paar Jahren hat der IS aber eine Ausnahme gemacht und gesagt, dass man sich theoretisch vorstellen könnte, dass Frauen auch kämpfen. Jedoch nur, wenn es nicht genug Männer gibt.
Das Gespräch führte Manuel Ramirez.