In Ungarn hat der Wahlkampf für die Parlamentswahlen im April 2026 begonnen. Sie könnten laut Umfragen das Ende der Ära Orban bedeuten. Darauf hofft auch der Oppositionsführer Peter Magyar. Um die Wahlberechtigten zu überzeugen, zieht er seit Monaten durchs Land.
«Wir sind zu klein und unbedeutend»
Viele auf den Strassen der Provinzstadt Nyiregyhaza im Nordosten Ungarns wirken resigniert. Mit dem kargen Lohn und den hohen Preisen kämen sie kaum durch, sagen zwei Fabrikarbeiterinnen. Am politischen Leben nehmen sie nicht teil. Wozu auch, sie seien vom Land: «Wir sind zu klein und unbedeutend».
Auch der 40-jährige Bartholon, der zur Minderheit der Roma gehört, sieht keine Chance auf ein besseres Leben. Mit einer anderen Regierung werde sich nichts ändern. «Die Reichen leben im Überfluss, die Armen sind sehr, sehr arm».
Hoffen auf den Orban-Herausforderer
Auf einem Platz steht die Bühne bereit für den Star des Abends: Peter Magyar. Helferinnen und Helfer seiner oppositionellen Tisza-Partei verkaufen T-Shirts und Tassen mit dem Parteilogo. Magyar war früher selbst Teil der Orban-Elite, sagte sich dann aber von der Regierungspartei los und stieg zum führenden Oppositionspolitiker auf.
Hier ist die Atmosphäre hoffnungsvoll. Der 64-jährige Zoltan ist extra angereist, um Magyar zu erleben. Er hat sich herausgeputzt, trägt Krawatte und einen abgetragenen Anzug. Auch er gehört zur Minderheit der Roma. Die Armut sei gross, vor allem bei älteren Menschen. Junge verliessen mangels Perspektiven das Land. Zoltan hofft, dass mit einer neuen Regierung alles besser wird.
Eher wütend als hoffnungsvoll ist das pensionierte Ehepaar Illy und Sanyi. Die Regierung sei korrupt, stehle und hetze die Menschen gegeneinander auf. Ihre Tochter habe Ungarn deswegen verlassen. Mit Magyar könne es nur besser werden. Um Orban loszuwerden, würden sie sogar den Teufel wählen.
Versprechen von höheren Renten und tieferen Steuern
Nach und nach füllt sich der Platz. Hunderte sind gekommen, und das in einer Stadt, die seit Jahren von der Regierungspartei Fidesz regiert wird. Dann betritt Peter Magyar die Bühne, in seinem typischen jugendlich-dynamischen Look. «In sechs Monaten werden wir frische Luft atmen», ruft er. Ein neue Ära werde beginnen, in der alle zusammen ein besseres, menschlicheres Ungarn aufbauen würden.
Er verspricht, die Renten zu erhöhen und Steuern zu senken. Diejenigen, die sich der Korruption schuldig gemacht hätten, würden bestraft. Er werde Massnahmen gegen die Korruption ergreifen, Justiz und Medien die Unabhängigkeit zurückgeben.
«Das ungarische Volk wird gewinnen»
Doch wie will Magyar seine Wahlversprechen finanzieren? «Tatsächlich ist Ungarn nach offiziellen Angaben das korrupteste und ärmste EU-Land», sagt er gegenüber SRF. «Aber wir sind nicht so arm, wie es zunächst aussieht.»
Wenn die Steuergelder nicht mehr für korrupte Praktiken verschwendet würden, könne man viel einsparen. Er werde die zurückgehaltenen EU-Gelder zurückbringen und die ungarische Wirtschaft neu aufstellen. «Wir werden genug Geld haben, um den Lebensstandard zu erhöhen, der wirklich sehr tief ist nach 15 Jahren Orban-Regierung.»
Magyar ist optimistisch, die Wahlen zu gewinnen. Doch das verlange noch viel harte Arbeit. Er muss wohl in den nächsten sechs Monaten vor allem die Unentschlossenen und Resignierten für sich gewinnen, in Nyiregyhaza und im ganzen Land.