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Geheimdokumente gefunden Biden, Trump und die Dokumente, die ihnen nicht gehören

Man sollte vorsichtig sein, was man sagt. Es könnte einen wieder einholen. Donald Trump sei «total verantwortungslos», erklärte Präsident Joe Biden, als er auf die Dokumente angesprochen wurde, die sein Vorgänger aus dem Weissen Haus nach Florida mitgenommen hatte. Jetzt sieht Biden sich dem gleichen Vorwurf ausgesetzt.

Schon im November fanden Bidens Anwälte Dokumente, in einem Büro, das er nach seiner Zeit als Vizepräsident genutzt hatte. Daraufhin wurde auch anderenorts gesucht. Und auch in Bidens zu Hause in Wilmington, wohlgemerkt auch in der Garage, wurden weitere Dokumente entdeckt. Wir wissen nicht, wie heikel die Informationen sind, die sie beinhalten. Die Rede ist aber von klassifizierten Dokumenten – etwas salopp umgangssprachlich könnte man von «Geheimdokumenten» sprechen.

Unbeantwortete Fragen

Wichtige Fragen bleiben unbeantwortet: Weshalb hat das Weisse Haus die Öffentlichkeit im November nicht informiert? Es drängt sich die Vermutung auf, die Regierung habe die Geschichte im November, kurz vor den Kongresswahlen, verheimlichen wollen. Oder: Wie sind die Dokumente dorthin gelangt, wo sie gefunden wurden? Wer hatte Zugang zu ihnen? Tauchen noch weitere Dokumente auf? Auch wirkt es so, als trieben die Medien das Weisse Haus vor sich her.

Häppchenweise erfährt die Öffentlichkeit von diesen Funden, während die US-Regierung sich schmallippig gibt. Das ist, gelinde ausgedrückt, ungünstig für Biden. Es liefert seinen politischen Gegnern viel Munition: Hier zeige sich beispielhaft, wie in den USA ein Zweiklassen-Rechtssystem herrsche, wie die Bundespolizei zur Waffe geworden sei, um politische Gegner fertig zu machen. Biden werde von der Justiz mit Samthandschuhen angefasst, Trump hingegen habe erleben müssen, wie sein Anwesen von der Bundespolizei durchsucht wurde.

Staatsanwalt von Trump ernannt

Die Republikaner kontrollieren seit Anfang Jahr das Repräsentantenhaus. Sie haben sich vorgenommen, exakt diese vermeintliche Instrumentalisierung der Justiz zu durchleuchten.

Und doch haben die beiden Fälle deutliche Unterschiede: Bidens Anwälte haben, soweit wir wissen, auf der Stelle das Nationalarchiv über ihren Fund informiert und die Dokumente übergeben. Das Justizdepartement beauftragte einen Staatsanwalt damit, die Dokumente zu sichten – wohlgemerkt einen Staatsanwalt, den noch Donald Trump ernannt hatte. Weitere juristische Schritte könnten folgen.

Keine heiklen Dokumente?

Dass das Nationalarchiv die Dokumente, die man in Bidens Büro fand, nicht vermisst und zurückgefordert hatte, lässt wenigstens vermuten, dass sie inhaltlich nicht extrem heikel sind. Anders bei Trump: Monatelang forderte das Nationalarchiv ihn und sein Team auf, die Papiere zurückzugeben, die er nach Florida mitgenommen hatte. 15 Schachteln wurden ausgehändigt.

Die Behörden vermuteten zurecht, dass da noch mehr ist. Nach einem langen Hin und Her kam es im letzten August zur Hausdurchsuchung und zu einer strafrechtlichen Ermittlung. Weiteres Material wurde sichergestellt. Im Fall von Joe Biden kennen wir das ganze Ausmass der Affiche noch nicht, aber es scheint sich um wenige Dokumente zu handeln.

Bei Trump ist die Rede von hunderten klassifizierten Schriftstücken. So oder so wird es nun für Demokraten schwieriger, Trump für seinen «total verantwortungslosen» Umgang mit klassifizierten Dokumenten zu kritisieren.

Andrea Christen

USA-Korrespondent

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Andrea Christen ist USA-Korrespondent für Schweizer Radio SRF. Zuvor war er stellvertretender Redaktionsleiter von SRF 4 News und Auslandredaktor. Er arbeitet seit 2010 für SRF.

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SRF 4 News, 12.01.2023, 7:00 Uhr

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