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Gewalt in Gefängnissen Israel misshandelt palästinensische Häftlinge

Israel hat seit dem 7. Oktober Tausende Palästinenser verhaftet. Mindestens 13 sind in israelischen Gefängnissen gestorben.

Vor dem Büro der Organisation Palestinian Prisoners Society in Ramallah, im besetzten Westjordanland, spielen ein paar Kinder Fussball. Ein schmerzhaftes Bild für Abdelmuti Rifai, der um seinen ältesten Sohn Asef trauert. Dieser starb am 29. Februar in der israelischen Gefängnisklinik Ramla. Er war 22.

«Asef hatte keine Kindheit. Mit vierzehneinhalb Jahren verhaftete ihn die israelische Armee zum ersten Mal: ohne Anklage. Sie liess ihn wieder frei. Mit 15 und mit 17 dasselbe. Ende 2022 wurde mein Sohn zum vierten Mal verhaftet.»

Ein Schild zeigt das Hauptquartier der Palästinensischen Gesellschaft für Gefangene.
Legende: Die Palästinensische Gesellschaft für Gefangene dokumentiert die Situation von palästinensischen Gefangenen in israelischen Gefängnissen seit 1993 und hilft diesen nach ihrer Freilassung mit der Reintegration. SRF

Einen Grund für die Verhaftung des krebskranken Asef nannten die israelischen Behörden nicht. Monatelang hätten diese ihm die ärztliche Behandlung und Medikamente verweigert. Ab dem 7. Oktober habe er von seinem Sohn zunächst gar nichts mehr gehört, sagt der Vater. Nicht einmal sein Anwalt habe ihn besuchen dürfen.

«Wir wissen nicht, wie es unseren Kindern geht: Sind sie am Leben? Oder tot? Sie sagen uns nichts.» Wie Asef genau gestorben ist, weiss der Vater nicht. Seine Leiche haben ihm die Gefängnisbehörden bis heute nicht übergeben.

Israelische Anwältinnen und Anwälte erkämpften sich in den Monaten nach dem 7. Oktober das Besuchsrecht von Gefangenen vor Gericht. Und so weiss Rifai, dass sein Sohn schliesslich Chemotherapie machen durfte. «Im Militärspital gaben sie ihm die Chemo-Dosis, dann brachten sie ihn sofort wieder, in Hand- und Fussfesseln, zurück ins Gefängnis.»

Die Haftbedingungen für palästinensische Gefangene in Israel hätten sich seit dem 7. Oktober massiv verschlechtert, sagt Amani Samaneh von der palästinensischen Menschen­rechts­organisation Palestinian Prisoners Society. «Wir wissen von über 9000 Gefangenen; die meisten von ihnen sind ohne Grund oder Anklage festgenommen worden. Dreizehn Gefangene sind im Gefängnis gestorben, und das sind nur die Fälle, welche wir dokumentieren konnten.»

Zunahme von Folter

Besorgt zeigt sich Samaneh über eine Zunahme von Berichten über Folter. Palästinensische Gefangene, die schon vor Jahren einmal verhaftet und dann wieder freigelassen wurden, und jetzt wieder im Gefängnis sassen, bestätigen ihre Sorge. «Folter hat offensichtlich zugenommen und ist von einer Grausamkeit, wie wir sie in den letzten Jahrzehnten nicht gesehen haben. Das zeigen sogar Videos von israelischen Soldaten und Behörden.»

Rechtliche Situation

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Mann wird von seiner Mutter begrüsst, nachdem er aus einem israelischen Gefängnis entlassen wurde.
Legende: Im Rahmen eines vereinbarten Waffenstillstands zwischen der Hamas und Israel wurden mehrere Geiseln freigelassen, darunter der Palästinenser im Bild. Keystone/AP/Nasser Nasser (29.11.2023)

Laut israelischen und palästinensischen Nichtregierungsorganisationen befinden sich mehr als 9000 palästinensische Gefangene in israelischen Gefängnissen.

Darunter sind laut der israelischen Organisation HaMoked 2070 rechtskräftig verurteilt, 2656 in Untersuchungshaft und mehr als 3500 in «Administrativhaft», welche Israel willkürlich ohne Anklage oder Prozess verlängern kann. Die allermeisten Inhaftierten sind Palästinenserinnen und Palästinenser aus dem besetzten Westjordanland.

Die vierte Genfer Konvention verbietet die Inhaftierung von Gefangenen aus besetzten Gebieten in Gefängnissen ausserhalb dieser Gebiete. Seit dem brutalen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem mehr als 1200 Menschen getötet wurden, hat Israel viel mehr Palästinenserinnen und Palästinenser festgenommen als in früheren Jahrzehnten.

Festgenommene im Gazastreifen betrachtet Israel als «illegale Kämpfer» und verweigert ihnen den Schutz, der regulären Kriegsgefangenen laut Artikel 4 der dritten Genfer Konvention zusteht.

Offiziell nehmen die israelischen Behörden dazu keine Stellung, oder sagen höchstens: Es handle sich dabei um Einzelfälle. Systematische Folter gebe es nicht. Die Videos sind verstörend. Sie zeigen nackt gefesselte Gefangene, die erniedrigt und geschlagen werden, auch, wenn sie verwundet sind.

Keine Informationen zu Gefangenen in Gaza

Anwälte und freigelassene Gefangene bezeugen, dass sich Frauen und Männer in den komplett überfüllten Gefängnissen nicht waschen dürften und zu wenig zu essen bekämen. Solche Berichte dokumentieren, kann Amani Samaneh nur im besetzten Westjordanland. «Über die Gefangenen in Gaza haben wir überhaupt keine Informationen: Sie sind einfach verschwunden.»

Amani Samaneh sitzt an einem Schreibtisch.
Legende: «Über die Gefangenen in Gaza wissen wir gar nichts. Sie sind einfach verschwunden.» Amani Samaneh von der Palestinian Prisoners Society. SRF

Abdelmuti Rifai weiss wenigstens, dass sein Sohn tot ist. Beerdigen kann er ihn nicht. «Warum geben sie mir seine Leiche nicht?» Solange die Hamas die israelischen Geiseln nicht freilässt, und selbst Leichen getöteter Israelis nicht herausgibt, wird der Vater seinen Sohn sicher nicht beerdigen können. Wie genau Asef gestorben ist, wird er vielleicht nie erfahren.

Krieg im Nahen Osten

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Die Konflikte in Israel, im Westjordanland, im Gazastreifen und in Libanon halten an. Hier finden Sie alle unsere Inhalte zum Krieg im Nahen Osten.

Echo der Zeit, 5.4.2024, 18:00 Uhr

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