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Gewaltausbruch im Sudan UNO-Vermittler: Waffenruhe hält nur in einigen Teilen Sudans

  • Ein UNO-Vermittler berichtet im Sicherheitsrat: Wahllose Angriffe gefährden das Leben von Zivilisten im Sudan.
  • Die ausgehandelte Feuerpause wird in einigen Teilen des Landes eingehalten, in Khartum gehen die Kämpfe weiter, so UNO-Vertreter Volker Perthes.
  • Es gebe keine Anzeichen, dass die Kriegsparteien bereit seien, ernsthaft zu verhandeln, so Perthes.

Perthes sagte im UNO-Sicherheitsrat in einer Dringlichkeitssitzung am Dienstag in New York, im Sudan würden beide Seiten die Gesetze und Normen des Angriffs auf dicht besiedelte Gebiete missachten. Sie nähmen wenig Rücksicht auf die Zivilbevölkerung, auf Spitäler und griffen sogar Fahrzeuge an, die Verwundete und Kranke transportieren.

Er forderte die kämpfenden Parteien auf, das humanitäre Völkerrecht zu achten und den Schutz der Zivilbevölkerung und der zivilen Infrastruktur sicherzustellen. Zudem gebe es beunruhigende Berichte über versuchte sexuelle Übergriffe.

Rund 15 Schweizer haben seit Montag Sudan verlassen

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Rund fünfzehn Schweizerinnen und Schweizer haben seit Montag Sudan dank der Hilfe von mit der Schweiz befreundeten Staaten verlassen können. Das teilte das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) auf Anfrage von Keystone-SDA mit. Insbesondere mit von Deutschland und den Niederlanden organisierten Flügen hätten diese Personen ausreisen können, sagte ein Sprecher. Das EDA setze seine Bemühungen zugunsten von Schweizern, welche das Land verlassen wollten, fort.

Am Dienstag hatte das EDA bekanntgegeben, es suche nach Lösungen für rund 30 schweizerisch-sudanesische Doppelbürger, die das Land noch verlassen wollten. Die Situation werde dadurch erschwert, dass Sudanesen eine Ausreisebewilligung benötigten, um das Land zu verlassen.

Der von den USA vermittelte Waffenstillstand im Sudan hält zwar nach Auffassung der Vereinten Nationen «in einigen Teilen» des Landes noch. In der Hauptstadt Khartum aber würden die Kämpfe unter anderem um den Palast der Republik, den internationalen Flughafen und die Hauptquartiere sowie Stützpunkte von Armee und RSF «weitgehend fortgesetzt oder in einigen Fällen intensiviert».

Rauch über dem Industriegebiet von Khartum
Legende: Keine der Kriegsparteien zeige sich für ernsthafte Verhandlungen bereit, so UNO-Vermittler Volker Perthes. Reuters/aus Video von Reuters

Luftangriffe und schwerer Beschuss insbesondere in den Städten Omdurman und Bahri unmittelbar bei Khartum gingen weiter. Der Flughafen sei Berichten zufolge zwar wieder in Betrieb, die Vorfelder seien aber beschädigt. Doch Perthes sagte weiter: Es gebe keine Anzeichen, dass die Kriegsparteien bereit seien, ernsthaft zu verhandeln.

In Kontakt mit Kriegsparteien

Nach eigenen Angaben steht der UNO-Vermittler weiterhin in regelmässigem Kontakt mit den rivalisierenden Generälen im Sudan. Sowohl Armee-Oberbefehlshaber Abdel Fattah al-Burhan als auch Mohammed Hamdan Daglo, Anführer der einflussreichen paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF), würden aber noch immer gegenseitige Anschuldigungen erheben und damit wenig Hoffnung auf eine baldige Lösung der Krise machen.

Wo ist Omar al-Baschir?

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Omar al-Baschir
Legende: Sowohl gegen Baschir als auch Harun wurde wegen des Vorwurfs von Gräueltaten in der Region Darfur Haftbefehl erlassen. Reuters

Mitten in den Kämpfen im Sudan sind Zweifel am Aufenthaltsort des vom Internationalen Strafgerichtshof gesuchten Ex-Herrschers Omar al-Baschir aufgekommen. Aus einem Militärspital in der Hauptstadt Khartum hiess es, Baschir sei dorthin vor Beginn der jüngsten Gefechte verlegt worden. Er sei aus dem Gefängnis Kober gekommen, sagten zwei Vertreter des Militärspitals. Ein ehemaliger Minister Baschirs, der ebenfalls gesuchte Ali Harun, hatte am Dienstag mitgeteilt, er habe dieselbe Haftanstalt mit anderen ehemaligen Regierungsmitgliedern verlassen. Dies hatte Fragen zum Verbleib Baschirs aufgeworfen.

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) sucht Al-Baschir seit 2009 mit Haftbefehl. Ihm werden Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Darfur-Konflikt vorgeworfen. Trotz seines Sturzes 2019 kam es nicht zu einer Auslieferung durch die sudanesische Regierung. Im Sudan wurde Al-Baschir zunächst wegen Korruption verurteilt, zudem läuft ein Prozess wegen seines Putsches im Jahr 1989.

Es gebe zudem zahlreiche Berichte über Wohnungseinbrüche, Plünderungen von Häusern und Geschäften sowie an Kontrollpunkten entwendete Autos. Viele Menschen hätten zudem Tage lang auf dem Fussboden verbracht und es nicht einmal gewagt, den Kopf zu heben, da es immer wieder zu unkontrolliertem Beschuss gekommen sei, sagte ein Mitglied des Krisenmanagement-Teams der Hilfsorganisation SOS-Kinderdorf.

SOS-Kinderdorf in Khartum angegriffen

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Das SOS-Kinderdorf in der sudanesischen Hauptstadt Khartum ist nach Angaben der Organisation von Bewaffneten angegriffen worden. Wie die Helfer am Mittwoch mitteilten, mussten die betreuten Kinder und Jugendlichen sowie die Mitarbeiter evakuiert werden. Insgesamt seien 68 Kinder und 19 Angestellte in angemieteten Wohnungen in anderen Vierteln Khartums untergebracht worden.

«Wir fordern beide Seiten auf, sich bedingungslos an die internationalen humanitären Gesetze und Prinzipien zu halten und es uns zu ermöglichen, unsere lebenswichtige Unterstützung für die am meisten gefährdeten Kinder und Familien fortzusetzen», sagte die Leiterin der SOS-Kinderdörfer im östlichen und südlichen Afrika, Senait Gebregziabher.

Zu den Opfern gehörten sudanesische Bürgerinnen und Bürger wie auch Mitarbeitende der Vereinten Nationen, humanitäre Helferinnen und Helfer sowie diplomatisches Personal. Die Angst vor zunehmender Kriminalität wachse. UNO-Generalsekretär António Guterres appellierte vor dem Sicherheitsrat für ein Ende der Gewalt und warnte vor dem Ausbruch eines vollumfänglichen Krieges.

Im Sudan will De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der auch Oberbefehlshaber der Armee ist, mithilfe des Militärs seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo entmachten, den Anführer der einflussreichen paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF).

SRF 4 News, 26.04.2023, 04:00 Uhr ; 

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