Was ist passiert? Die paramilitärische Gruppe Rapid Support Forces RSF bringt offenbar im Sudan, in der Region Darfur, Leute um. Gemäss Augenzeugenberichten sind Menschenrechtsaktivisten und Zivilisten in der Region West-Darfur wahllos getötet oder festgenommen worden. In den letzten Tagen sollen mehr als 800 Menschen bei Angriffen getötet worden sein, wie die UNO mitteilt.
Weiss man Genaueres? Die UNO selbst hat kaum noch Zugang zu den umkämpften Gebieten. Nach Angaben von UNHCR-Sprecher William Spindler seien bewaffnete Milizen in Ardamatta, einem Vorort von El Geneina, von Haus zu Haus gezogen, um Jungen und Männer systematisch zu töten. Augenzeugen berichteten laut Spindler von groben Menschenrechtsverletzungen und sexueller Gewalt.
Was sind die Hintergründe für diese Angriffe? Der Konflikt zwischen der offiziellen Armee und den paramilitärischen Kräften ist ein Machtkampf zwischen dem sudanesischen Machthaber Abdel Fattah al-Burhan und seinem bisherigen Vize Mohammed Hamdan Daglo, den die Rapid Support Forces RSF unterstützen. Die Angriffe in Darfur fänden durch die RSF, aber auch durch verbündete arabischstämmige Milizen statt, sagt SRF-Afrikakorrespondent Samuel Burri.
Es gibt einen tiefliegenden Hass zwischen diesen Milizen und den sogenannten afrikanischen Ethnien.
Was sind die Ziele? «Die RSF verfolgen ein militärisches Ziel. Sie kämpfen gegen die sudanesische Armee um die Vorherrschaft im Land», sagt Burri. Die Ziele der arabischstämmigen Milizen seien aber vor allem Plünderungen und Vertreibungen, so der Korrespondent. «Es gibt einen tiefliegenden Hass zwischen diesen Milizen und den sogenannten afrikanischen Ethnien.» Die Milizen nutzten die Gelegenheit, dass nun Krieg herrsche, zu ihrem eigenen Vorteil. In Augenzeugenvideos sei erkennbar, dass wahllos Menschen getötet würden, egal, ob es sich um Rebellen der afrikanischstämmigen Ethnien oder um Zivilisten handle.
Wie ist die militärische Lage aktuell? Seitdem der Anführer der RSF seinen Bruder in die Region Darfur geschickt hat, hat die Miliz praktisch alle Städte in Darfur eingenommen. Die Region Darfur hat fast die Grösse Frankreichs.
Wie gehen die Menschen mit der Bedrohung um? Sie seien den Angriffen schutzlos ausgesetzt, so Burri. Seit April sind bereits rund eine halbe Million Menschen über die Grenze nach Tschad geflüchtet. Burri war im Sommer selbst im Tschad und hat erschreckende Berichte gehört: «Eine Frau hat mir erzählt, aus der Gruppe, mit der sie auf der Flucht war, seien die Männer aussortiert, der Reihe nach aufgestellt und getötet worden.»
Warum greift die RSF Flüchtende an? Möglicherweise hätten sich unter den Flüchtlingen Kämpfer der Masalit – der anderen Ethnie – versteckt, erklärt Burri. Doch generell zielten die Angriffe auf Angehörige bestimmter Ethnien. Joseph Borrell, der EU-Aussenbeauftragte, hat denn auch am Sonntag vor einem Genozid in der Region gewarnt. Bereits vor 20 Jahren sind in der Region Darfur 100'000 Menschen in einem blutigen Krieg getötet worden.
Nun beschuldigt die EU ihren ehemaligen Partner des Völkermordes.
Gab es Beziehungen der EU zu RSF? Die RSF wurde vor einigen Jahren von der EU (und auch der Schweiz) mit Ausrüstung und Ausbildung unterstützt. «Dies geschah im Kampf gegen die Migration Richtung Europa. Die EU versuchte, mithilfe der RSF die Migration zu kontrollieren», sagt Burri. «Nun beschuldigt die EU ihre ehemaligen Partner des Völkermordes.»