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Ein christlicher Palästinenser zur Lage in Gaza
Aus Echo der Zeit vom 20.05.2021. Bild: Imago
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Gewalteskalation in Nahost «Der Grad der Zerstörung in Gaza ist fürchterlich»

Seit zehn Tagen stecken Israel und die Palästinenser in einer Gewalteskalation fest. Zwar gibt es Meldungen, dass eine Waffenruhe verhandelt wird, aber geschehen ist bis zur Stunde nichts dergleichen. Eine besondere Sicht auf den Konflikt hat Suleiman Abu Dayyeh. Der christliche Palästinenser ist Leiter der Palästina-Abteilung der Friedrich-Naumann-Stiftung in Jerusalem. Die Lage in Gaza werde ihm geschildert – und sie sei dramatisch.

Suleiman Abu Dayyeh

Suleiman Abu Dayyeh

Friedrich-Naumann-Stiftung, Jerusalem

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Der christliche Palästinenser ist Leiter der Palästina-Abteilung der Friedrich-Naumann-Stiftung in Jerusalem. Er hat Sozialwissenschaften an mehreren deutschen Universitäten studiert und war unter anderem als Berater für lokale und internationale Projekte und Organisationen in seiner Heimat tätig.

SRF News: Was wissen Sie über die Lage in Gaza?

Suleiman Abu Dayyeh: Ich lebe seit dreissig Jahren wieder in meiner Heimat. Eine solche Zerstörung habe ich in meinem Leben noch nie gesehen. Obwohl Gaza in den letzten 15 Jahren mehr als drei Kriege durchlebt hat. Über 50'000 Menschen sind auf der Suche nach neuen Wohnungen. Sie sind zu Flüchtlingen in der eigenen Heimat geworden. Das medizinische Personal ist am Rand seiner Kräfte. Die Stromversorgung ist vollkommen unterbrochen, Wasserleitungen sind zerstört. Der Grad der Zerstörung in Gaza ist fürchterlich, es ist unvorstellbar.

Was bräuchte es am Dringendsten, um die Gewalt zu stoppen?

Das ist eine sehr komplexe Frage. Der Konflikt hält seit mehr als 73 Jahren an. Seit 1967 stehen die Westbank, Ost-Jerusalem und Gaza unter Besatzung. Das ist der Kern des Konfliktes.

Mit Blick auf die jüngste Eskalation: Wer muss was machen?

Die internationale Gemeinschaft muss mit ihrer Intervention Ernst machen, um endlich ein Ende des Konflikts herbeizuführen. Aus meiner Sicht kann das nur erreicht werden, wenn sich die israelische Armee aus den besetzten Gebieten zurückzieht.

Die Palästinenser müssen in ihrer Würde, ihrer Freiheit und ihren Rechten respektiert werden.

Zudem müssen Verhandlungen aufgenommen werden, damit die Palästinenser ihr Recht auf Selbstbestimmung im eigenen Land bekommen können. Die israelische Armee interveniert ständig in das alltägliche Leben der Palästinenser. Das muss sich grundlegend ändern. Die Menschen müssen in ihrer Würde, ihrer Freiheit und ihren Rechten respektiert werden.

Sie haben viel darüber gesprochen, was die israelische Seite tun muss. Was muss die palästinensische Seite machen?

Sie wird sich an den Waffenstillstand halten und zur Beruhigung auf der Strasse beitragen müssen. Die palästinensische Führung hat sich immer bereit erklärt, sofortige friedliche Verhandlungen mit den Israelis aufzunehmen. Das muss aber schnell geschehen – und unter dem völkerrechtlich verbrieften Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung. Die Palästinenser sind dazu bereit Verhandlungen aufzunehmen, damit endlich ein Ende des Konflikts herbeigeführt werden kann.

Palästinenser auf den Trümmern eines Hauses in Gaza-Stadt, das von einem israelischen Luftangriff zerstört wurde (19. Mai)
Legende: Palästinenser auf den Trümmern eines Hauses in Gaza-Stadt, das von einem israelischen Luftangriff zerstört wurde (19. Mai). Keystone

Die neue US-Regierung unter Joe Biden hält sich bislang auffallend zurück. Was erwarten die Palästinenser von Washington?

Das ist eine problematische Angelegenheit. Die Palästinenser wissen, dass die US-Administrationen seit geraumer Zeit pro-israelische Haltungen immer vertreten haben. Für sie ist Israel der strategische Verbündete. Sie haben immer Verständnis für ihre Positionen und ihre Politik. Insofern sind die Erwartungen der Palästinenser an die Biden-Administration zwar gedämpft. Aber sie sind realistisch genug, um zu wissen, dass es ohne die Intervention der USA nicht zu Verhandlungen kommen wird.

Die Palästinenser hoffen, dass sich die USA endlich dazu durchringen, eine aktivere und vor allem fairere Rolle zu spielen.

Die anderen internationalen Akteure in diesem Konflikt haben bei weitem nicht so viel Einfluss auf Israel wie die USA. Die Palästinenser hoffen, dass sich die USA endlich dazu durchringen, eine aktivere und vor allem fairere Rolle zu spielen. Sie sollen beide Seiten zu Verhandlungen zusammenführen, um diesen Konflikt zu beenden.

Das Gespräch führte Nicoletta Cimmino.

Echo der Zeit vom 20.05.2021, 18 Uhr;

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