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Gewaltspirale im Nahen Osten Israels Luftwaffe zerstört Hochhaus mit Medienbüros in Gaza

  • Die israelische Armee hat ihre Angriffe auf den Gazastreifen auch am Samstag fortgesetzt. Dabei wurde ein Gebäude zerstört, in dem unter anderem der Sender Al Dschasira aus Katar und die US-Agentur AP ihre Büros haben.
  • Auch in Tel Aviv ist erneut Raketenalarm ausgelöst worden. In der Stadt waren Warnsirenen und Explosionen am Himmel zu hören.
  • Aus dem Gazastreifen haben laut dem israelischen Militär militante Palästinenser Raketen auf die Wüstenstadt Beerscheva im Süden Israels sowie auf weitere Grenzorte abgefeuert.

Israels Luftwaffe hat am Samstag nach Medienberichten ein 14-stöckiges Hochhaus im Gazastreifen zerstört, in dem Medienunternehmen wie Associated Press (AP) und der TV-Sender Al Dschasira ihre Redaktionsbüros hatten. Die Bewohner waren zuvor aufgefordert worden, das Gebäude zu verlassen. Es ist das fünfte Hochhaus, das Israels Armee seit Montag zerstört hat.

Biden telefoniert mit Netanjahu und Abbas

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Nach der Zerstörung eines von Journalisten genutzten Hochhauses in Gaza durch das israelische Militär haben die USA nach eigenen Angaben den Verbündeten an die Pflicht zum Schutz der Presse hingewiesen. Man habe Israel erklärt, «dass die Gewährleistung der Sicherheit von Journalisten und unabhängigen Medien eine vordringliche Aufgabe ist», sagte Präsidialamts-Sprecherin Jen Psaki am Samstag. Nach israelischen Angaben telefonierten Präsident Joe Biden und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Dieser habe Biden versichert, dass Israel alles tue, damit an den Kämpfen Unbeteiligte nicht zu Schaden kämen. Biden sprach auch mit Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas, wie dessen Büro bekanntgab. Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt. Abbas' Fatah-Bewegung ist die Erzrivalin der radikal-islamischen Hamas, die sich seit Montag die heftigsten Gefechte seit Jahren mit Israel liefert.

Die israelische Armee teilte bei Twitter mit, Kampfjets hätten ein Hochhaus angegriffen, in dem der Geheimdienst der islamistischen Hamas über «militärische Ressourcen» verfügt habe. Ein Sprecher des militärischen Hamas-Arms sagte nach der Zerstörung des Gebäudes, Tel Aviv solle sich auf eine «Antwort vorbereiten, die die Erde erschüttern lässt».

Nachrichtenagentur AP «schockiert» über Luftangriff

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Die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) reagierte entsetzt auf die Zerstörung eines Hochhauses mit ihrem Büro im Gazastreifen bei einem israelischen Luftangriff. «Das ist eine unglaublich beunruhigende Entwicklung», teilte AP-Präsident Gary Pruitt mit. Man sei vorab über den Luftschlag auf das Hochhaus informiert worden. Ein Dutzend AP-Journalisten und freie Mitarbeiter seien rechtzeitig in Sicherheit gebracht worden.

Raketen im Grossraum Tel Aviv

Bei einem Raketenangriff auf den Grossraum Tel Aviv war zuvor ein Mann im Vorort Ramat Gan nach Angaben von Sanitätern tödlich verletzt worden. Insgesamt schlugen laut der Polizei dort zwei Raketen ein. In der Küstenmetropole Tel Aviv wurde dreimal hintereinander Raketenalarm ausgelöst. Dies war die achte Angriffswelle auf Tel Aviv seit Dienstagabend.

In der israelischen Stadt Beerscheva wurde ein Haus von Raketensplittern getroffen. Auch die Küstenstädte Aschkelon und Aschdod wurden erneut angegriffen. Wie Israels Armee mitteilte, kamen in Israel durch den Raketenbeschuss der vergangenen Tage acht Menschen ums Leben.

Tag der Nakba als Anlass zu neuer Gewalt?

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Am Samstag ist Tag der Nakba (Katastrophe). Die Palästinenser gedenken dann der Vertreibung und Flucht von hunderttausenden Palästinensern im Zuge der israelischen Staatsgründung 1948.

Dieses Jahr fällt der Tag zusammen mit dem dritten Tag des Eid-al-Fitr-Festes, des sogenannten Zuckerfestes zum Ende des Ramadans. Im Zuge der Feierlichkeiten könnte es zu neuer Gewalt kommen.

Die israelische Armee griff weitere Ziele im Gazastreifen an. Die Luftwaffe habe mehrere Raketenabschussrampen und zwei Kampfeinheiten der im Gazastreifen herrschenden islamistischen Hamas beschossen, teilte die Armee mit.

Acht palästinensische Flüchtlingskinder getötet

Die amtliche palästinensische Nachrichtenagentur Wafa teilte mit, im Flüchtlingslager Schati sei ein Haus getroffen worden. Laut dem palästinensischen Gesundheitsministerium sind dabei zehn Mitglieder einer palästinensischen Familie getötet worden, darunter acht Kinder. Ein fünf Monate alter Junge überlebte den Angriff.

Auch in Beit Lahia im Norden des Küstenstreifens sowie an anderen Orten starben laut Wafa Zivilisten. Gemäss dem Gesundheitsministerium wurden seit Montag 140 Palästinenser im Gazastreifen getötet.

Zusammenstösse an israelisch-libanesischer Grenze

Im Osten und Norden Israels kam es an der Grenze zum Libanon zu Zusammenstössen. Nach Angaben der libanesischen Nachrichtenagentur NNA kamen dabei zwei Demonstranten aus Libanon ums Leben. Die israelische Armee geht davon aus, dass die Randalierer einen Terroranschlag im Dorf Metula im Norden Israels verüben wollten.

Von Syrien aus sind zudem drei Raketen nach Israel abgefeuert worden. Wie die israelische Armee mitteilte, ging eine davon auf syrischem Boden nieder. Es liegen keine Berichte über mögliche Schäden vor.

US-Spitzendiplomat in Tel Aviv angekommen

Die USA bemühen sich seit Tagen intensiv um eine Deeskalation im Konflikt. Nun haben sie einen offiziellen Vermittlungsversuch gestartet.

Wie die US-Botschaft in Israel am Freitagabend mitteilte, traf der Spitzendiplomat Hady Amr in Tel Aviv ein. US-Aussenminister Antony Blinken hatte ihn gebeten, sich mit Vertretern beider Seiten zu treffen.

Angebot Ägyptens ausgeschlagen

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Ein Angebot Ägyptens zur Vermittlung einer Feuerpause im Konflikt habe Israel abgelehnt, wie die deutsche Presseagentur (dpa) in Kairo aus Sicherheitskreisen erfahren hat. Die aufgebotenen ägyptischen Gesandten sollen am Donnerstag nach Tel Aviv gereist sein.

Bereits am Mittwoch hatte eine ägyptische Delegation im Gazastreifen Gespräche mit der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas geführt.

Der Konflikt zwischen Israel und der im Gazastreifen herrschenden Hamas war zu Wochenbeginn eskaliert. Militante Palästinenser beschiessen Israel fortwährend mit Raketen – nach Angaben der israelischen Armee waren es zuletzt bereits 2300. Das Land reagiert auf die Angriffe mit massiven Gegenschlägen im Küstengebiet.

Raketen von Israel im Nachthimmel.
Legende: Das israelische Raketenabwehrsystem «Iron Dome» wehrte auch in dieser Nacht mehrere Raketenangriffe ab. Zeitgleich flog die israelische Luftwaffe eine Reihe von Einsätzen in den Gazastreifen. Reuters

SRF 4 News, 15.05.2021, 03:00 Uhr ; 

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