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Griechenland vor den Wahlen Schwierige Ausgangslage für Tsipras

Am Sonntag wählt Griechenland ein neues Parlament. Der amtierende Regierungschef hat starke Konkurrenz.

Kyriakos Mitsotakis, der Spitzenkandidat der Konservativen Nea Dimokratia, begrüsst sein Publikum. Während der rund einstündigen Rede gibt es vor allem an einer Stelle viel Applaus: Mitsotakis verspricht 2’000 Euro Kindergeld. Allerdings nur für griechische Eltern mit ihren griechischen Kindern. Der Chef der Konservativen bedient den nationalistischen Flügel seiner Partei.

Ökonomie ist doch wie Psychologie.
Autor: Nea-Dimokratia-Anhänger an einer Wahlveranstaltung

Bei den Leuten kommt das gut an. Eine junge Frau sagt, sie habe Angst davor, nach Athen zu fahren. Wegen der vielen Migranten, die in den letzten Jahren zahlreich nach Griechenland kamen und überall herumlungerten. Mitsotakis werde Griechenland wieder sicherer machen.

Steuersenkungen versprochen

Ein älterer Herr mit Anzug und Krawatte wählt Nea Dimokratia wegen der versprochenen Steuersenkungen. Auf die Frage, wie das Griechenland finanzieren soll, hat er eine simple Antwort: «Ökonomie ist doch wie Psychologie».

Keine Chance für populistische Parteien

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In vielen EU-Ländern feiern populistische Parteien rauschende Wahlerfolge. Nicht so in Griechenland: Dort setzen die Wähler nach Umfragen in der prekären wirtschaftlichen Situation auf Volksparteien.

60 Prozent für die beiden grossen Parteien

Noch vor vier Jahren kam Alexis Tsipras' Syriza als linksradikale Alternative zu den Volksparteien an die Macht. Seither hat sie sich zur moderaten linken Volkspartei entwickelt, die Schritt für Schritt die von den EU-Partnern geforderten Massnahmen umsetzte und etwa Steuern erhöhte und Renten kürzte.

Dennoch kommt Syriza laut Umfragen noch immer auf rund 22 Prozent, während andere sozialdemokratische Parteien in Europa im Begriff sind, in die Bedeutungslosigkeit zu stürzen. Der konservativen Oppositionspartei Nea Dimokratia werden sogar mehr als 38 Prozent vorhergesagt – eine Zahl, von der andere Volksparteien in Europa nur träumen können.

Populisten unter 4 Prozent

Dagegen kommen die rechtsextreme Partei Goldene Morgenröte und die einst starke kommunistische Partei KKE laut den Umfragen jeweils nicht mal mehr auf 4 Prozent. Die rechtspopulistische Partei Anel, die bis Anfang dieses Jahres als kleiner Koalitionspartner in der Regierung sass, tritt gar nicht erst an.

(Quelle: dpa)

Tiefere Steuern würden Unternehmer dazu animieren, wieder mehr zu investieren und Leute einzustellen. Unter dem Strich bringe das dem Staat gar Mehreinnahmen. Darauf hoffen die Konservativen.

Syriza hat Wahlversprechen nicht gehalten

Weit weniger Hoffnung herrscht bei einer Wahlveranstaltung der linken Syriza. Nur wenige glauben hier an einen Wahlsieg am Sonntag: «Die Lage für Syriza ist schwierig», sagt Nikos, ein junger Mann, der sich als Parteiaktivist vorstellt. Viele Griechen haben es Premier Tsipras nicht verziehen, dass er vor vier Jahren das Ende des Sparkurses versprochen hatte und dann trotzdem weiter sparte, weiter sparen musste, auch wegen des massiven Drucks der Geldgeber.

Dennoch merkt eine ältere Frau an, dass sie weiter Syriza wähle, denn Tsipras sei der wichtigste griechische Politiker der Gegenwart. Andere auf dem Platz sagen: Syriza habe auch Verarmte und Arbeitslose wieder krankenversichert. Und Tsipras sei es gelungen, den Namensstreit mit Nord-Mazedonien beizulegen. Davon werde die ganze Region profitieren. Das Problem sei nur, meinen die Syriza-Anhänger, dass das viele Leute bereits wieder vergessen haben.

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