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IKRK mit Loch in der Kasse
Aus Rendez-vous vom 24.03.2023. Bild: KEYSTONE/Martin Ruetschi
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Hilfsorganisation unter Druck Wenn das IKRK selber in Not gerät

Verantwortliche von Hilfswerken bezeichnen das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) gelegentlich – nicht ganz neidlos – als «Rolls-Royce unter den humanitären Organisationen»: solide finanziert, hochprofessionell, personell gut dotiert und als einzige auch noch mit einem internationalen Mandat ausgestattet. Doch nun gerät auf einmal der Motor ins Stottern.

Bis zu 700 Millionen Franken könnten dem IKRK im laufenden Jahr fehlen, sagt Generaldirektor Robert Mardini. Er fordert jetzt seine Delegationschefs auf, schon mal Vorschläge zum Einsparen von 440 Millionen zu unterbreiten. Das geht nicht ohne einen spürbaren Abbau bei den Operationen und damit auch beim Personal. Entsprechend gross ist dort der Unmut.

Mit der Not ist auch die Organisation gewachsen

Die zehn grössten IKRK-Operationen sind auf einmal alle unterfinanziert: jene in der Ukraine, in Afghanistan, in Syrien, Jemen, Südsudan, Somalia, Irak, Kongo, Äthiopien und Nigeria. 2.8 Milliarden Franken bräuchte das IKRK 2023 gemäss Budget – das sind 19 Prozent mehr als im Vorjahr. Seit Jahren wächst die Organisation. Sie zählt mittlerweile mehr als 20'000 Angestellte in mehr als hundert Ländern.

Der Grund für das Wachstum liegt auf der Hand: Es gibt weltweit immer mehr kriegerische Konflikte, von denen viele immer länger dauern, oft Jahrzehnte. Dazu kommen Naturkatastrophen. Die humanitäre Not nimmt also zu. Dem hat sich das IKRK bisher stets angepasst – durch massives Wachstum.

Humanitäre Hilfe könnten vermehrt auch andere

Doch nun muss es über die Bücher. Es gibt Kernaufgaben, die einzig das IKRK wahrnehmen kann aufgrund seines Mandats. Dazu gehören Besuche bei Kriegsgefangenen und die Durchsetzung der Genfer Konventionen zum humanitären Völkerrecht. Auch für Familienzusammenführungen und -kontakte steht das IKRK traditionell.

Humanitäre Hilfe jedoch, vor allem wenn sie über die akute Nothilfe hinausgeht, für die sich die Genfer Organisation besonders eignet, können aber auch die UNO und andere Hilfswerke leisten. Und wenn humanitäre Hilfe wie immer häufiger gar zu langfristiger Entwicklungshilfe wird, wären eigentlich Staaten zuständig. Das IKRK hat sich also in Terrains ausgebreitet, wo es das nicht zwingend tun müsste.

Schwierige Suche nach neuen Geldquellen

Möglicherweise zieht sich das IKRK nun notgedrungen aus einigen Bereichen zurück. Denn die Spendenbereitschaft der Regierungen, welche das IKRK zu 90 Prozent finanzieren – allen voran die USA, aber auch Grossbritannien, die EU insgesamt, Japan oder die Schweiz – ist nicht unbegrenzt.

Die finanziellen Lasten der Covid-Pandemie und neuerdings des Kriegs in der Ukraine erfordern Kürzungen anderswo. Und trotz grosser, jahrelanger Anstrengungen gelang es dem IKRK nur sehr begrenzt, den Kreis der Geldgeber auszuweiten, etwa auf die reichen arabischen Golfstaaten, auf prosperierende Länder in Südostasien, auf China – oder auf private Konzerne.

Nun muss man also in Genf den Gürtel enger schnallen. Das ist bitter für Notleidende rund um die Welt, aber wohl unumgänglich. Das IKRK ist an seine Grenzen gelangt.

Fredy Gsteiger

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

Rendez-vous, 24.03.2023, 12:30 Uhr

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