So oft schon hat Donald Trump für sich als Friedensstifter hohes Lob eingefordert. Fast immer auf wackliger Faktenbasis. Seine Ansprüche waren bisher stets grösser als seine Verdienste. Doch diesmal ist es anders. Er mag zuhause in den USA Krieg führen gegen die Demokratie. Im Nahen Osten hingegen hat er nun massgeblich beigetragen zu einem Kriegsende.
Seine Brachialdiplomatie hat diesmal funktioniert. Er schaffte, woran seine beiden Vorgänger Barack Obama und Joe Biden scheiterten. Entsprechend verhöhnte er sie selbst an einem Tag wie diesem. Was Trumps Erfolg ermöglichte, ist genau seine überragende Machtfülle, die für die USA selber so sehr ein Problem ist. Im Nahen Osten wirkte sie sich nun positiv aus. Weder Obama noch Biden hatten innenpolitisch jemals jenen Spielraum, jene bedingungslose Unterstützung in ihrer eigenen Partei, die es Trump nun erlaubte, enormen Druck auf die Kriegsparteien und Akteure in Nahost auszuüben, allen voran auf Israel.
Ein erster Schritt – und dann?
Der heutige Tag dürfte als Freudentag in die Geschichte eingehen. Gleichwohl geben sich die wenigsten der Illusion hin, «das Zeitalter des Terrors und des Todes» sei nun zu Ende, wie es heute hiess. Wenngleich ein erster Schritt getan ist, braucht es noch viele weitere.
Ob sie erfolgen, ist völlig offen: Wird die Terrororganisation Hamas nun tatsächlich auch die Leichen der getöteten Geiseln übergeben? Gibt sie ihre Waffen ab und verzichtet auf eine politische Rolle im Gaza 2.0? Ist Israel wirklich zum vollständigen Rückzug bereit? Übernimmt nun eine Technokratenregierung aus Palästinensern und ausländischen Vertretern? Kommt eine Stabilisierungstruppe zustande, gebildet vornehmlich aus Soldaten aus muslimischen Ländern? Und ganz zentral: Gibt es eine für die Palästinenser akzeptable langfristige Perspektive mit einem Mindestmass an Eigenstaatlichkeit?
Immerhin ein Anfang
Fragen über Fragen. Keine davon ist geklärt. Und noch ist nichts davon in die Tat umgesetzt. An jeder einzelnen dieser Herausforderungen kann das Ganze noch scheitern. Was zugleich bedeutet: Der Krieg kann erneut ausbrechen. Soweit die negative Perspektive. Und womöglich auch die realistische.
Es gibt aber auch eine positive: Dass nämlich aus der Euphorie des Tags der Geiselbefreiung eine neue Dynamik entsteht. Dass Denk- und Handlungsblockaden überwunden werden. Dass der Hass hüben und drüben auf die jeweils «anderen» zwar nicht von heute auf morgen verschwindet, aber ihm allmählich der Nährboden entzogen wird. Dass neue Ideen zu neuen Taten führen.
Das wäre dann wenigstens ein Anfang für den heute von Donald Trump versprochenen «ewigen Frieden».