Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un geht wieder auf Konfrontationskurs. Er habe im Osten des Landes mehrere Kurzstrecken-Raketen getestet, meldeten südkoreanische Armeekreise. Das zeigt deutlich: Die Abrüstungsgespräche mit Nordkorea befinden sich in einer Sackgasse.
Dabei wäre Nordkorea dringend auf eine Lockerung der Sanktionen angewiesen, denn das Land leidet unter der schlimmsten Missernte seit zehn Jahren. Mehrere UN-Organisationen schlagen Alarm.
300 Gramm Nahrung pro Tag
Die täglichen Nahrungsrationen sind Anfang des Jahres von 380 Gramm auf 300 Gramm pro Person gekürzt worden. Ernährungs- und Landwirtschaftsvertreter der UNO haben sich vor Ort ein Bild gemacht – und sind besorgt.
«Unsere Experten haben mit Bauern und lokalen Behörden-Vertretern gesprochen und Kinderheime besucht. Klar ist für uns: Dürren, Hitzewellen und Hochwasser haben die Nahrungsmittelproduktion stark beeinträchtigt», sagt Nicolas Bidault, Co-Leiter der Hilfsmission des Welternährungsprogramms (WFP) der UNO.
Reis und Sauerkraut, kaum Eiweiss
Auch die Aussichten für die Ernte in diesem Jahr seien besorgniserregend, sagt WFP-Sprecher Herve Verhoosel. Zumal neben schlechten Klimabedingungen auch ein Mangel an Treibstoff, Düngemitteln und Ersatzteilen die Not der Landwirtschaft verstärke.
Am stärksten betroffen sind Kinder, Kleinkinder und Frauen.
Vielen Familien mangelt es an proteinhaltigen Speisen. Sie ernähren sich fast ausschliesslich von Reis und Sauerkraut. Das WFP steuert etwas Getreide aus dem Ausland bei, das aus humanitären Gründen nach Nordkorea eingeführt werden darf.
40 Prozent der Menschen sind unterversorgt
Man schätze, dass über zehn Millionen Menschen – und damit rund 40 Prozent der Bevölkerung – unterversorgt und dringend auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen seien, betont Mario Zappacosta von der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft FAO. «Am stärksten betroffen sind Kinder, Kleinkinder und Frauen – insbesondere schwangere Frauen und stillende Mütter», so Zappacosta.
Um die Bedürftigsten zu versorgen, betreibt die UNO bereits elf Versorgungszentren im Land. Das weckt Erinnerungen an die grosse Hungersnot in den 1990er-Jahren, bei der drei Millionen Menschen ums Leben kamen. Die UNO ruft in Genf seine Mitgliedsländer zu Spenden auf.
Entspannungssignale aus Japan
Gleichzeitig hält der UNO-Sicherheitsrat die Sanktionen gegen Nordkorea aufrecht. Für die südkoreanische Aussenministerin Kang Kyung-wha ist das nachvollziehbar: «Die Logik ist sehr klar. Die Sanktionen richten sich gegen das nordkoreanische Atom- und Raketen-Programm.» Es brauche gut sichtbare, konkrete und substanzielle Schritte, bevor die Weltgemeinschaft die Sanktionen lockern sollte.
Neue Entspannungssignale kommen aus Japan. Ministerpräsident Shinzo Abe erklärte sich zu einem Treffen mit Kim ohne Vorbedingungen bereit und deutete damit eine Kurswende in der japanischen Nordkorea-Politik an. Dies sei die einzige Möglichkeit, das langanhaltende Misstrauen zwischen beiden Ländern zu beenden, sagte Abe der Zeitung «Sankei» einen Tag nach seinem Treffen mit US-Präsident Donald Trump in Washington. Er hoffe, Kim sei ein Staatsmann, «der flexibel und strategisch entscheiden kann, was das Beste für sein Land ist».