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Treffen von Putin und Kim «Südkorea fühlt sich wie Garnelen zwischen Walen»

Ergebnisse hat das erste Gipfeltreffen zwischen Wladimir Putin und Kim Jong-un zwar nicht gebracht. Wichtig war das Treffen trotzdem, auch für Südkorea. Über die Reaktionen aus Südkorea berichtet Martin Fritz.

Martin Fritz

Freier Journalist

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Der Journalist Martin Fritz arbeitete als Radio-Korrespondent für die ARD in Tokio. Als freier Journalist berichtet er nun neben Japan auch über Nord- und Südkorea. Vorher war er fünf Jahre lang Südasien-Korrespondent in Neu-Delhi.

SRF News: Wie wird der Ausgang dieses Treffens in Südkorea kommentiert?

Martin Fritz: Südkoreas Präsident Moon Jae-in hat den Gipfel bereits gestern Abend begrüsst. Das Treffen sollte dem regionalen Friedensprozess helfen, sagte er. Die Zeitung «Korea Times» schrieb, der Gipfel werde nur wenig Auswirkungen haben. Der «Korea Herald» sieht den Gipfel als weiteren Schritt von Nordkorea aus der internationalen Isolierung.

Kim früher als geplant abgereist

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Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un ist nach seinem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin in der russischen Hafenstadt Wladiwostok früher als erwartet abgereist. Er sei bereits mit seinem gepanzerten Zug auf dem Heimweg in das Nachbarland Nordkorea, meldeten russische Agenturen. Ursprünglich waren noch Besuche im Theater und im Delfinarium von Wladiwostok geplant. Warum Kim früher abreiste, ist bislang nicht bekannt.

Hat man in Südkorea Hoffnungen mit diesem Treffen verknüpft?

Das Ergebnis von Wladiwostok ist so ausgefallen, wie es sich Südkorea gewünscht hat. Russland bringt neue Dynamik ins Spiel, ohne wirklich viel eigenes Gewicht zu haben. Auch die Forderung von Putin nach Sicherheitsgarantien für Nordkorea ist wichtig für Südkorea. Zu diesen Garantien könnten zum Beispiel russische Raketen in Fernost gehören. Und Putin hat auch den Neustart der Sechs-Parteien-Gespräche auf die Tagesordnung gehoben, auch wenn sich das zum jetzigen Zeitpunkt kaum umsetzen lässt. Nordkoreas Führer Kim hat dazu jedenfalls in Wladiwostok nichts gesagt.

Russland vertritt inhaltlich eine ähnliche Position wie Südkorea. Es setzt sich für die völlige nukleare Abrüstung von Nordkorea ein.

Versucht der südkoreanische Präsident Moon Jae-in, der die Annäherung zu Nordkorea stets vorangetrieben hat, diesen Gipfel für sich zu verwenden?

Ja, er sieht sich als Vermittler. Mit dem neuen Mitspieler im Atompoker könnte auch Bewegung in die festgefahrenen Atomgespräche kommen. Russland vertritt inhaltlich eine ähnliche Position wie Südkorea. Es setzt sich für die völlige nukleare Abrüstung von Nordkorea ein, zusammen mit einem schrittweisen Abbau der Sanktionen. Moon Jae-in als enger Sicherheitspartner der USA kann dies nicht offen sagen. Aber das ist seine Position, und er plant selbst ein baldiges Treffen mit Putin. Gestern war ein hochrangiger russischer Beamter bei Moon Jae-in in Seoul. Das Treffen von Moon und Putin könnte schon Ende Juni beim G-20-Gipfel in Japan stattfinden.

Wäre sogar ein gemeinsames Gipfeltreffen mit Russland, Nord- und Südkorea, vielleicht auch mit China möglich?

Konkrete Pläne gibt es nicht, aber allen Beteiligten in der Region ist klar, dass sich der Korea-Krieg nicht nur zwischen Nordkorea und den USA formal beenden lässt. Falls eine Atom-Einigung gelingt, ist ein grosser regionaler Gipfel notwendig. China war am Koreakrieg beteiligt. Russland bzw. die Sowjetunion hat das heutige Problem ja erst durch die Besetzung des nördlichen Teils der koreanischen Halbinsel verursacht. Aber ein solcher Gipfel dürfte am Ende des Friedensprozesses stehen. So weit sind wir noch lange nicht.

Was ereignete sich im Koreakrieg?

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Der Koreakrieg (1950 bis 1953) war ein militärischer Konflikt zwischen den beiden koreanischen Staaten, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus der sowjetischen und US-amerikanischen Besatzungszone in Korea hervorgegangen waren. Er wurde zu einem internationalen Konflikt, als China und die USA eingriffen. Die Sowjetunion leistete auf der Seite Nordkoreas vor allem Waffenhilfe. 1953 wurde ein Waffenstillstandsabkommen geschlossen. Chinesische Truppen blieben bis 1958 in Nordkorea. Die USA sind bis heute in Südkorea stationiert. Bis zum Waffenstillstand waren 940’000 Soldaten und etwa drei Millionen Zivilisten ums Leben gekommen.

Zusammengefasst: Ist man in Südkorea mehr oder weniger zufrieden damit, wie der Gipfel gelaufen ist?

Grundsätzlich hat Südkorea immer ein schlechtes Gefühl, wenn die Grossmächte in seiner Umgebung über sein Schicksal beraten und entscheiden. Das war in der Geschichte immer so. Die Koreaner fühlen sich wie eine Garnele zwischen Walen, so sagen sie, quasi als Spielball und Opfer der Grossmächte. Aber davon abgesehen dürften sie zufrieden sein.

Die entscheidende Macht bleibt sicher China.

Putin hat den richtigen Ton getroffen. Er will mitmischen, aber letztlich nur ein bisschen. Die entscheidende Macht bleibt sicher China.

Das Gespräch führte Salvador Atasoy.

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