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Im Auge des Brexit-Sturms Er muss die Suppe mit auslöffeln

Der Tory-Politiker Greg Hands war mal gegen den Brexit, jetzt ist er dafür: Innenansichten aus dem britischen Unterhaus.

Der konservative Politiker Greg Hands muss gemeinsam mit dem britischen Unterhaus einen Weg aus dem Brexit-Chaos finden. Hands erklärt, wie ein vertragsloser Zustand zwischen London und Brüssel – also ein harter Brexit – noch verhindert werden kann.

Greg Hands

Tory-Politiker im britischen Unterhaus

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Der Tory-Abgeordnete vertritt die Londoner Stadtkreise Chelsea und Fulham seit 2010 im britischen Unterhaus. In dieser Funktion muss er über den Brexit mitentscheiden.

SRF News: Wünschten Sie sich manchmal, das Referendum 2016 wäre in Ihrem Sinne ausgegangen?

Greg Hands: Ich habe damals für die Remain-Kampagne gekämpft. Das britische Volk hat aber mit klarer Mehrheit für den Brexit gestimmt. Das sollten wir als Demokratie akzeptieren, auch wenn wir mit Volksabstimmungen keine so grosse Tradition wie die Schweiz haben. Die Wahlbeteiligung war hoch und das britische Volk hat sich gegen die EU-Mitgliedschaft ausgesprochen.

Letzte Woche haben Sie gegen das Abkommen mit der EU gestimmt. Warum?

Erstens: Aus der Backstop-Regelung kommen wir nie wieder raus (diese soll eine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland verhindern, Anm. d. Red.). Nach Dezember 2020 würde dieser höchstwahrscheinlich gelten. Das Vereinigte Königreich kann nach Artikel 50 des Abkommens die EU verlassen – aber den Backstop nicht.

Zweitens: Die Stellung von Nordirland. Dort leben zwei Millionen Menschen. Sie haben derzeit keine demokratische Mitsprache beim Backstop. Wenn Grossbritannien eine andere Lösung anstrebt, müssten wir Nordirland quasi in der EU zurücklassen – in der Zollunion, im Binnenmarkt und so weiter. Unser Land wäre gespalten. Als ob die Schweiz Schaffhausen zurücklassen müsste. Das geht nicht in einem souveränen Land.

Wenn man keinen Sitz am Tisch hat, ist man wahrscheinlich auf der Speisekarte.

Drittens: Eine Zollunion mit der EU wäre sehr unvorteilhaft für Grossbritannien, wenn wir nicht mit am Tisch sitzen. Wenn man keinen Sitz am Tisch hat, ist man wahrscheinlich auf der Speisekarte.

Trotzdem haben Sie Premierministerin May Ihr Vertrauen ausgesprochen. Glauben Sie, dass sie bis zum 29. März eine akzeptable Lösung finden kann?

Mit etwas gutem Willen in Brüssel sollte das möglich sein. Denn auch dort braucht man ein Abkommen. Sollte der Backstop nachverhandelt werden, besteht eine Möglichkeit, dass das Abkommen durch das britische Unterhaus kommt.

Kann man sagen, dass die EU zu gut verhandelt hat?

Brüssel hat sich selbst übervorteilt, man könnte auch sagen zu hoch gepokert. Das Abkommen muss vier Hürden überwinden: die britische Regierung, das britische Unterhaus, den EU-Rat und das europäische Parlament. Brüssel hat sich selber zu dem Abkommen gratuliert. Aber ohne Zustimmung unseres Unterhauses wird es kein Abkommen geben. Jetzt braucht es Bewegung von Brüssel, damit beide Seiten zufrieden sind.

Brüssel sagt, dass man keine Rosinenpickerei betreiben kann. Grundsätze wie die vier Freiheiten müssten eingehalten werden. Ansonsten würden auch von anderen EU-Staaten oder etwa der Schweiz Sonderwünsche laut.

Die «Rosinenpickerei» ist ein Mythos. Wir haben gesagt, dass wir weder im Binnenmarkt noch in der Zollunion bleiben. Es geht um den Backstop. Dieser war nie einer der Hauptsäulen der EU.

Im Moment scheint sich Brüssel nicht bewegen zu wollen. Würden Sie als Abgeordneter das Risiko eines harten Brexit ohne Abkommen eingehen?

In der britischen Bevölkerung glauben immer mehr Menschen, ein «No Deal» wäre gar nicht so schlimm. Sie haben langsam genug von Brüssels starrer Haltung. Ein «No Deal» wäre mit Schwierigkeiten behaftet. Diese könnten aber überwunden werden.

Das Gespräch führte Beat Soltermann.

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