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International Haider Al-Abadi, der Mann der letzten Hoffnung

Aufatmen in Bagdad: Der irakische Premierminister Nouri al-Maliki verzichtet nun doch auf eine dritte Amtszeit. Damit macht er den Weg frei für eine neue Regierung unter dem designierten Premier Haider al-Abadi. Wer aber ist dieser Neue, der das Land aus der Krise herausführen soll?

Ein paar Blitzlichter, ein paar Sätze des Zuspruchs, eine Unterschrift: Formloser hätte die Zeremonie kaum sein können, mit der der neue Staatspräsident des Iraks dem designierten Premier Haider al-Abadi Anfang Woche die ganze Last übertrug.

«Der Druck auf Maliki war am Ende einfach zu gross», sagt Inga Rogg gegenüber SRF. Sie ist Journalistin im Irak. «Die Amerikaner waren gegen ihn, der höchste schiitische Geistliche, Grossayatolla al-Sistani, hat sich gegen ihn gestellt und vor allem hat ihn am Ende auch seine eigene Partei fallen gelassen.»

Maliki habe als Ministerpräsident sämtliche Sicherheitsressorts unter seine Kontrolle gebracht. Er war gleichzeitig Verteidigungsminister, Innenminister und Chef des nationalen Sicherheitsrats. «Maliki hat eine Parallelstruktur zur normalen Kommandostruktur aufgebaut und damit die Armee und die Polizei geschwächt.» In seiner Amtszeit habe die Korruption zugenommen und er habe namhafte Politiker mit fragwürdigen Terrorvorwürfen festnehmen lassen, sagt die Journalistin.

Ein schweres Erbe

Der 62-jährige al-Abadi soll als neuer Regierungschef ein Land zusammenführen, das entlang religiöser und ethnischer Linien zerfällt. Und in dem Terrormilizen des sogenannten Islamischen Staats schon ein Drittel des Territoriums für sich beanspruchen.

Dieses katastrophale Erbe hinterlässt Nouri al-Maliki nach acht Amtsjahren. Besonders die letzten vier waren nicht von der Suche nach Konsens, sondern vom Schüren konfessioneller Gegensätze geprägt. Die sunnitische Minderheit, die unter Saddam Hussein die Macht hatte, fühlte sich vom Schiiten Maliki gedemütigt und von den Töpfen der Macht verdrängt. Was kann Abadi da ändern?

In gleicher Partei, aber weltoffener als Maliki

Wie Maliki ist er Schiit, wie Maliki verbrachte er einen grossen Teil seines Lebens im Exil. Er gehört derselben Oppositonspartei an, der religiös geprägten schiitischen Dawa-Partei, deren Mitglieder von Diktator Saddam Hussein mit dem Tod bedroht wurden. Doch anders als Maliki, der in Syrien als Mann fürs Grobe Kommando-Aktionen gegen Saddam Hussein koordinierte, promovierte Abadi in Manchester, nach Ingenieurstudien in seiner Heimatstadt Bagdad.

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Er lebte Jahre in London, gilt als weltgewandt, sympathisch, spricht fliessend Englisch, bringt Verständnis für den Westen mit. Das dürfte den Amerikanern gefallen. Als Präsident mehrerer bedeutender Parlamentskommissionen stützte Abadi zumeist die Linie des Premiers, verstand es aber offenbar, über die schiitische Klientel hinaus Kontakte zu knüpfen, etwa zu Sunniten und Kurden.

Das gab den Ausschlag dafür, dass er nun als der Mann der letzten Hoffnung beauftragt ist, eine Einheitsregierung zu bilden. 30 Tage hat er dafür Zeit. Wie sehr Abadi aber als Premier von Malikis Kurs tatsächlich abweichen wird, ist offen. Immerhin räumte er in einem Interview ein, dass in Sicherheitsfragen unter seinem Vorgänger Exzesse geschehen seien.

Gute Chancen, verschiedene Kräfte zu vereinen

Abadis grösstes Startkapital ist aber ohne Zweifel, dass er nicht Maliki ist. Das allein öffnet Perspektiven. Sunnitsche Stammesführer gingen soweit, in ihrem Protest gegen den verhassten Premier in Bagdad das Terrain den Dschihadisten zu überlassen.

Abadis grösstes Startkapital ist, dass er nicht Maliki ist. Das allein öffnet Perspektiven.

Mit Malikis Machtverzicht ist eine ihrer zentralen Forderungen erfüllt. Damit wächst die Hoffnung, dass sich nun auch sunnitische Kräfte dem internationalen Kampf gegen die islamistischen Fanatiker in Irak anschliessen könnten. Der Kampf wird enorm schwierig werden. Doch anders als Maliki hat Abadi dafür im Moment breite Unterstützung, auch international.

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