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Bild 1 von 9Legende: Der Sozialist Hugo Chávez wird am 6. Dezember 1998 mit einem Stimmenanteil von 56 Prozent zum Präsidenten Venezuelas gewählt. Er erzielt damit den höchsten Wahlsieg seit der Einführung der Demokratie 1958. Reuters
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Bild 2 von 9Legende: Am 11. April 2002 unternimmt die Opposition einen Putschversuch gegen Chávez. In der Folge kommt es zu zahlreichen Protestaktionen von Chávez-Anhängern. Reuters
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Bild 3 von 9Legende: Ein Jahr nach dem missglückten Staatsstreich fordert die Opposition ein Referendum gegen Chávez. Dieser stellt sich der Herausforderung und wird mit knapp 60 Prozent Wähleranteil klar im Amt bestätigt. Reuters
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Bild 4 von 9Legende: Hugo Chávez wird bei den Präsidentschaftswahlen vom 3. Dezember 2006 mit 62,89 Prozent der Stimmen erneut im Amt bestätigt. Reuters
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Bild 5 von 9Legende: Im September 2010 finden die Wahlen für die Nationalversammlung statt. Die Allianz von Sozialisten und Kommunisten erringt mit einem Stimmanteil von 48,13 Prozent 98 von insgesamt 165 Sitzen. Die Opposition muss sich mit ihrem Stimmenanteil von 47,22 Prozent mit 65 Sitzen begnügen. Zwei Sitze gehen an die Partei der Gewerkschafter. Reuters
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Bild 6 von 9Legende: Ende Juni 2011 erklärt Chávez, er habe Krebs. Laut Vizepräsident Nicolás Maduro stirbt Chávez am 5. März 2013 im Alter von 58 Jahren. Reuters
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Bild 7 von 9Legende: Knapp fünf Wochen nach dem Tod von Hugo Chávez wird der Sozialist Nicolás Maduro am 14. April 2013 mit einem Wähleranteil von 51 Prozent zum neuen Präsidenten gewählt. Die Chavisten bleiben damit an der Macht. Reuters
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Bild 8 von 9Legende: Am 6. Dezember 2015 erringt die Opposition Mesa de la Unidad Democrática bei den Parlamentswahlen mit einem Stimmenanteil von 56,3 Prozent 109 der 165 Sitze. Die Sozialisten verlieren damit die Mehrheit im Parlament. Reuters
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Bild 9 von 9Legende: Am 17. Februar 2016 kündigt Präsident Maduro an, dass seine Regierung den Preis für einen Liter Superbenzin von 0,01 US-Dollar auf 0,6 Dollar anheben werde. Das Benzin wird damit zum ersten Mal in 20 Jahren teurer: Einmal Volltanken kostet immer noch weniger als eine Tasse Kaffee, zuvor war es billiger als ein Kaugummi. Reuters
SRF News: Der Ölpreis ist mit rund 32 US-Dollar pro Barrel so tief wie seit 2004 nicht mehr. Was bedeutet das für Venezuela, das rund 95 Prozent seiner Exportgewinne und die Hälfte seiner Staatseinnahmen aus dem Verkauf von Erdöl erzielt?
Ulrich Achermann: Wie wenig Venezuela mit seinem Öl jetzt noch verdient, zeigen zwei Zahlen: Im Januar 2015 nahm es mit seinen Exporten 857 Millionen Dollar ein; im Januar 2016 nur noch 77 Millionen. Der Sinkflug beim Ölpreis erklärt die Misere in Venezuela aber nur zu einem kleinen Teil. Korruption, Misswirtschaft und Populismus sind die tiefergehenden Gründe. Daran krankt Venezuela schon seit vielen Jahren.
Kann Präsident Nicolás Maduro die fehlenden Einnahmen mit der Erhöhung des inländischen Benzinpreises um das 60-Fache wettmachen?
Nein. Der Staat spart damit 800 Millionen Dollar jährlich. Das sind zwei Prozent des Bruttosozialproduktes. Allein das Haushaltsdefizit beläuft sich auf etwa 20 Prozent des BSP. Der Untergang des Maduro-Regimes könnte in die politische Gewalttätigkeit führen oder zu einen Militärputsch. Auch eine Staatspleite droht und Hyperinflation sowieso. Dazu breitet sich eine Denguefieber-und Zika-Epidemie aus, denen die Menschen mangels verfügbarer Medikamente schutzlos ausgeliefert sind.
Droht nun ein Aufstand – zumal die Bevölkerung eigentlich die Chavisten im vergangenen Dezember abgewählt hat?
Historisch betrachtet hat teureres Benzin fast immer zu grosser Unzufriedenheit geführt; 1989 sogar zu gewalttätigen Protesten und brutaler Unterdrückung. Die Gefahr, dass sich solche Unruhen wiederholen können, ist real. Aber heute geht es um viel mehr. Die International Crisis Group etwa warnt vor Zusammenstössen zwischen Chavisten und Antichavisten; vor einem Blutvergiessen und einer humanitären Krise. Die regierenden Linkspopulisten schlagen die vernichtende Wahlniederlage vom letzten Dezember einfach in den Wind. Statt Kompromisse und gemeinsame Lösungen mit der bürgerlichen Opposition zu suchen, tricksen sie diese mit fragwürdigsten Methoden aus. Der Niedergang des Landes und das Risiko von gewaltsamen Lösungen vertiefen sich derweil.
In Venezuela fehlt es an Nahrungsmitteln und Medikamenten. Wie prekär ist die Lage für die Bevölkerung?
Sie ist sehr prekär. Krebspatienten können nicht mehr behandelt werden, chronisch Kranke finden ihre Medikamente nicht mehr. Acht von zehn preisregulierten Grundnahrungsmitteln sind nicht verfügbar – es sei denn auf dem Schwarzmarkt, also viel teurer.
Der Staat übt grossen Einfluss auf die Produktion und Verteilung von Gütern aus. Vieles landet auf Schwarzmarkt; staatliche Funktionäre bereichern sich damit. Jetzt hat Präsident Maduro den staatlichen Einfluss noch ausgedehnt. Das teurere Benzin wird die Inflation wohl auf weit über 1000 Prozent im Jahr beschleunigen und die Leute auszehren: Der gesetzliche Mindestlohn beträgt neu 11‘000 Bolivar. Zum Schwarzkurs umgerechnet sind das jetzt schon nur noch zehn Dollar pro Monat.
Welche anderen Wirtschaftsreformen plant Maduro, um dem Notstand zu begegnen?
Ohne den staatlichen Einfluss zurückzufahren und der Privatinitiative mehr Bewegungsfreiheit zu lassen, ist das Steuer nicht herumzureissen. Maduro hat jetzt ein Ministerium für urbane Landwirtschaft geschaffen. Die Stadtmenschen sollen auf ihren Balkonen Hühner züchten und Gemüse ziehen. Der Präsident rühmt sich, er selber halte 50 Hühner.
Können die Massnahmen etwas bewirken oder wird er längerfristig gezwungen sein, vom Sozialismus abzurücken?
Die Maduro-Regierung dürfte in den letzten Zügen liegen. Was nicht zwangsläufig heisst, dass gleichzeitig auch der Chavismus selbst als Akteur von der politischen Bildfläche verschwindet. Den Sozialismus und Populismus zu überwinden, setzt einen Regierungswechsel voraus.
Maduro darf laut Verfassung bis 2019 im Amt bleiben und dies obschon die Opposition das Parlament seit vergangenem Dezember dominiert. Der Oberste Gerichtshof hat sich auf die Seite des Staatschefs gestellt und «alle Handlungen» der Nationalversammlung für nichtig erklärt. Wie lange kann dieses politische Armdrücken noch gut gehen?
Angesichts der Dramatik, mit der sich die Krise verschärft, wohl nicht mehr allzu lange. Aber bis es zu einem Wandel kommt, werden Konflikte zwischen den Staatsgewalten das Bild prägen. Und sie tendieren dazu, sich zu verschärfen. Es war noch Hugo Chavez, der seine fanatischsten Anhänger bewaffnete. Die sogenannten «colectivos» (gewaltbereite Banden) sind sehr gefährlich, weil offenbar niemand mehr eine Befehlsgewalt über sie hat. Gezeigt hat sich das 2014, während den heftigen regierungsfeindlichen Protesten. Damals gab es 43 Tote, viele gingen auf das Konto dieser Banden.
Wie wahrscheinlich ist eine Konterrevolution durch die Opposition?
Es gibt verfassungskonforme Wege, Präsident Maduro vorzeitig loszuwerden. Ein Absetzungsreferendum ist eine Möglichkeit. Die Amtszeit Maduros zu beschränken, eine zweite. Zum Kollaps dürfte es aber vor 2017 kommen: Nämlich zum Totalzusammenbruch der Versorgung und/oder zu aufflammender politischer Gewalttätigkeit mit Blutvergiessen und Toten. Dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder servieren die Chavisten selber Nicolas Maduro ab. Oder das Militär putscht und reisst die Macht an sich. Beides dürfte nicht friedlich verlaufen.
Das Gespräch führte Marion Ronca.