Die Nicht-Wiederwahl ist für Russland eine diplomatische Schlappe. Und das ausgerechnet auf der grossen internationalen Bühne. Es ist das erste Mal, dass eine der fünf UNO-Vetomächte die Wahl oder Wiederwahl ins wichtigste Menschenrechtsgremium der Vereinten Nationen nicht schafft.
Denn in der Regel wollen es sich die meisten Länder mit den fünf mächtigsten Staaten in der UNO nicht verderben. Die Nichtwahl dürfte Moskau umso stärker schmerzen, als andere Staaten mit befleckter Weste in Sachen Menschenrechte problemlos gewählt wurden – China etwa, oder auch Kuba, Irak und Ägypten.
Abmahnung wegen Moskaus Syrien-Politik
Es ging also nicht ums Prinzip. Vielmehr wollten die 193 UNO-Mitgliedstaaten gezielt ein klares Signal an die Adresse des Kremls schicken. Dieses Signal kann nur mit der russischen Syrien-Politik zu tun haben. Damit, dass Moskau seit fünf Jahren den UNO-Sicherheitsrat mit seinem Veto lähmt. Damit, dass es verhindert, dass die Drahtzieher des Assad-Regimes vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag gezerrt werden.
Und natürlich auch mit den russischen Luftangriffen auf Aleppo, die immer mehr UNO-Spitzenvertreter, darunter auch Generalsekretär Ban Ki-Moon, immer unverblümter als Kriegsverbrechen bezeichnen.
Ob die Botschaft in Moskau gehört wird, ist eine andere Frage. Der russische UNO-Botschafter Witali Tschurkin versuchte – allerdings wenig überzeugend – die Niederlage kleinzureden. Dass aus der osteuropäischen Staatengruppe Ungarn und Kroatien gewählt worden seien und nicht sein Land, hänge einzig damit zusammen, dass sie als kleine Länder weltpolitisch weniger exponiert seien.
Überraschender Erfolg für Kremlkritiker
In Tat und Wahrheit dürfte die Brüskierung Russland weitaus mehr verärgern als Tschurkin zugibt. Denn seine Regierung möchte ja explizit weltpolitisch wieder eine Schlüsselrolle spielen. Dazu passt schlecht, dass die Grossmacht nun sowohl im UNO-Menschenrechtsrat wie seit drei Jahren auch bei der G7-Staatengruppe draussen bleiben muss.
Dazu kommt, dass kaum jemand ernsthaft mit dem Scheitern der russischen Wiederkandidatur gerechnet hat. Zwar setzten sich rund 80 Menschenrechtsorganisationen lautstark gegen Russlands Wahl ein – ebenso gegen jene von Saudi-Arabien und anderen Unrechtsregimes. Doch dass ihr Aufruf Erfolg haben würde, kommt höchst überraschend.