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Interne Dokumente EU-Agentur Frontex duldet Gewaltexzesse an Aussengrenzen

  • Die EU-Grenzschutzbehörde Frontex duldet laut Medien-Berichten Menschenrechtsverletzungen.
  • Dies belegten hunderte Frontex-interne Dokumente, die die ARD gemeinsam mit der britischen Zeitung «The Guardian» auswerten liess.
  • Die Berichte dokumentierten etwa die Misshandlung von Flüchtlingen, Hetzjagden mit Hunden und Attacken mit Pfefferspray.
  • Die Übergriffe seien von Grenzpolizisten aus Bulgarien, Ungarn und Griechenland verübt worden.

Die Vorwürfe lassen sich nach Angaben des Politmagazins «report München» von ARD durch hunderte interne Frontex-Dokumente belegen. Diese hat das Politmagazin gemeinsam mit dem britischen «Guardian» und dem Recherchezentrum «Correctiv» ausgewertet. Demnach verschliesst Frontex die Augen vor exzessiver Gewalt, die an Europas Grenzen von nationalen Grenzbeamten verübt wird.

«Hetzjagden mit Hunden»

Die Frontex-Berichte dokumentieren offenbar unter anderem die «Misshandlung von Flüchtlingen», «Hetzjagden mit Hunden» und «Attacken mit Pfefferspray» an den europäischen Aussengrenzen. Die Vorwürfe beziehen sich demnach unter anderem auf Grenzschutzpersonal in Bulgarien, Ungarn und Griechenland.

Fakten zu Frontex

Gründungsjahr der Organisation2004
Beschäftigte315
Budget250 Mio. Euro
SitzWarschau
Unterstützung vom Schweizer Grenzwachtkorpsjährlich 40 Mitarbeitenden an den EU-Aussengrenzen

Als EU-Agentur habe Frontex die Möglichkeit, als Reaktion auf diese Menschenrechtsverstösse die eigenen Mitarbeiter aus den Einsätzen in diesen Ländern abzuziehen, berichtet «report München». Allerdings habe Frontex diese Massnahme bislang kein einziges Mal umgesetzt.

Frontex mache sich dadurch mitschuldig, kritisiert der Leiter des Frontex-Konsultativforums Stephan Kessler in der Sendung, die am Dienstagabend ausgestrahlt wird.

Operationen Frontex

Frontex selbst als Täter?

Der Bericht zitiert zudem ein weiteres internes Frontex-Dokument, wonach Beamte der EU-Agentur bei Abschiebeflügen auch selbst an Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind. So seien etwa unbegleitete Minderjährige abgeschoben oder Flüchtlinge medikamentös ruhiggestellt worden.

Der vom griechischen Parlament eingesetzte Menschenrechtsbeauftragte Andreas Potakis, der zwischen seiner Regierung und Frontex vermittelt, beklagte gegenüber «report München», dass «eine EU-Agentur niedrigere Standards zur Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit anwendet als das, was die EU ihren Mitgliedsstaaten vorschreibt». Die EU verliere so ihre moralische Autorität, sagte Potakis.

Frontex: «Sehen Menschenrechtsverletzungen mit grosser Sorge»

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Frontex-Sprecher Krzysztof Borowski nimmt im Politmagazin Stellung zu den schweren Vorwürfen: «Wir haben einen speziellen Mechanismus, wie uns Beamte auf sowas hinweisen können. Dann treten wir mit dem Staat in Kontakt, um die Situation zu diskutieren. Wir informieren sie, was los ist und haben dann eigene Wege, damit umzugehen. Es hat Konsequenzen, potenzielle Konsequenzen. Am Ende können wir die Operation beenden, wenn nötig.»

Wie Borowski bestätigt, hat Frontex diese Möglichkeit allerdings bisher noch nie genutzt. Von den angesprochenen Vorfällen habe er keine Kenntnis. Jede Verletzung von Menschenrechten sähen er und Frontex mit grosser Sorge.

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