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Johnson bleibt unnachgiebig «Lieber tot im Graben, als um Brexit-Verschiebung bitten»

Die Gegner eines No-Deal-Brexit haben Premierminister Boris Johnson eine erneute Niederlage bereitet. Dieser wollte darauf Neuwahlen ausrufen – und scheiterte krachend.

Trotzdem antwortete Johnson heute auf die Frage, ob er in Brüssel um eine weitere Brexit-Verschiebung bitten würde: «Ich würde lieber tot im Graben liegen». Eine Übersicht über die neusten Entwicklungen im Brexit-Theater.

Was bringt das neue Gesetz? Mit dem neuen Gesetz will das Parlament Boris Johnson dazu zwingen, eine dreimonatige Verlängerung der Brexit-Frist zu beantragen, falls bis zum 19. Oktober kein Abkommen mit der EU ratifiziert ist. Somit könnte Grossbritannien die EU nicht ohne Deal verlassen.

Das Gesetz muss nun noch vom Oberhaus abgesegnet werden. Doch weil die Konservativen dort keine Mehrheit haben, kommt das Gesetz mit grosser Wahrscheinlichkeit durch. Danach muss der Antrag noch von den übrigen 27 EU-Mitgliedstaaten einstimmig gebilligt werden. Der 31. Oktober als Austrittsdatum ist somit vorläufig vom Tisch.

Boris Johnson
Legende: Die Zeit läuft: Johnson will bis am 31. Oktober aus der EU austreten – komme, was wolle. Keystone

Stehen die Torys hinter Johnson? In der Tory-Partei brodelt es. Nach der ersten Abstimmungsniederlage hatte Johnson 21 Tory-Rebellen aus der Fraktion geworfen, die gegen die eigene Regierung gestimmt hatten. Darunter so prominente Mitglieder wie den Alterspräsidenten und ehemaligen Schatzkanzler Ken Clarke und den Enkel des Kriegspremiers Winston Churchill, Nicholas Soames.

Die Fraktion von gemässigten Mitgliedern zu säubern ist prinzipiell falsch.
Autor: One-Nation-Gruppe Eine Tory-Fraktion

Die gemässigte One-Nation-Gruppe in der Tory-Fraktion veröffentlichte eine Erklärung, in der sie Johnson dazu aufforderten, die verbannten Fraktionsmitglieder wieder aufzunehmen. «Die Massnahmen in den vergangenen Tagen, die Fraktion von gemässigten Mitgliedern zu säubern, sind prinzipiell falsch und schlechte politische Praxis», hiess es in dem Schreiben.

Gibt es Neuwahlen? Nach der Niederlage wollte Johnson Neuwahlen. Dafür ist er jedoch auf die Zustimmung der Opposition, der Labour-Partei, angewiesen. Denn dafür ist eine Zweidrittelmehrheit im Parlament nötig.

Die Opposition zeigt sich aber zögerlich, weil sie fürchtet, Johnson könnte den Wahltermin nach einer Abstimmung nachträglich auf einen Termin nach dem EU-Austritt verschieben, um doch noch einen Brexit ohne Abkommen zu erreichen.

Mehrere Labour-Abgeordnete erklärten, man könne über vorgezogene Neuwahlen sprechen, sobald eine Fristverlängerung durchgekommen ist.

Jeremy Corbyn
Legende: Oppositionsführer Jeremy Corbyn will einer Neuwahl erst zustimmen, wenn das Gesetz gegen den No Deal in Kraft getreten ist. Keystone

Wie geht es weiter? Boris Johnson will am kommenden Montag einen neuen Anlauf wagen, um eine Neuwahl durchzusetzen. In einer Rede erklärte er heute, er möchte zwar keine Wahlen, er sehe aber ansonsten keine Möglichkeit.

Bis zum Montag dürfte auch das Gesetz gegen den No Deal in Kraft getreten sein. Somit stehen die Chancen nicht schlecht, dass der Antrag auf Neuwahlen vom Parlament gutgeheissen wird. Die vorgezogenen Wahlen würden dann aller Wahrscheinlichkeit nach auf den 15. Oktober angesetzt werden.

Ungeachtet dessen bleibt das grösste Problem von London bestehen: In den Gesprächen mit der EU gibt es trotz gegenteiliger Töne aus der Downing Street laut EU-Diplomaten keinerlei Fortschritte.

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