In Italien liegen sich die Regierung von Giorgia Meloni und die Justiz in den Haaren. Denn Meloni hat vor Kurzem eine ihrer grossen Reformen durchs Parlament gebracht: die Justizreform.
Nun hat die Justizreform im Parlament die letzte Hürde genommen. Nach der Abgeordnetenkammer hat auch der Senat der Reform zugestimmt. Doch damit ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Da die Reform die Verfassung ändert und sie im Parlament keine Zweidrittelmehrheit erreicht hatte, kommt sie nun vors Volk. Die dafür nötigen Unterschriften wurden beim höchsten italienischen Gericht bereits zur Prüfung eingereicht.
Unabhängigkeit in Gefahr?
Im Kern will die Justizreform eine Trennung der Laufbahnen von Richterinnen und Staatsanwälten. Schon während der Ausbildung sollen sich Juristen künftig entscheiden, ob sie Recht sprechen oder Anklage erheben wollen.
Zudem sollen die Parteien bei der Ernennung von Staatsanwältinnen und Richtern weniger Einfluss haben. Damit werde die Justiz unabhängiger und effizienter, argumentiert die Regierung.
Die Opposition sieht durch diese Änderungen die Unabhängigkeit der Justiz in Gefahr. «Das Ziel dieser Reform ist weder eine Reform, die den Italienern hilft, noch eine Verbesserung der Justiz. Sie dient Meloni und ihrer Regierung dazu, freie Hand zu haben und sich über Gesetze und Verfassung zu stellen», sagt Elly Schlein, Chefin des Partito Democratico.
Die Reform allein stelle zwar keine Gefahr für die Unabhängigkeit der Justiz dar, findet Francesco Palermo, Professor für Verfassungsrecht an der Universität Verona. «Aber die Frage stellt sich wahrscheinlich in Zukunft. Manche sagen, das wäre der erste Schritt in Richtung Disziplinierung der Staatsanwälte», so Palermo.
Schon von Berlusconi so gewollt
Die Idee für die Justizreform stammt noch aus der Feder des verstorbenen Ex-Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Er stand mit der Justiz auf Kriegsfuss, warf ihr vor, Hexenjagd auf ihn zu machen und mit der Linken zu sympathisieren. Auch Meloni sieht in den Richtern vor allem Gegner ihrer Regierungsarbeit.
Für Verfassungsrechtler Francesco Palermo hat die Justizreform deshalb vor allem eine politische Komponente – und Auswirkungen auf weitere geplante Reformen der Regierung von Giorgia Meloni: «Sollte das Referendum die Reform bestätigen, dann wird sich natürlich die Mehrheit beflügelt fühlen für die richtig grosse und wirklich sehr problematische Reform der Regierungsform: die Einführung der Direktwahl des Ministerpräsidenten.»
Das Referendum zur Justizreform wird deshalb auch ein wichtiger Indikator dafür sein, wie zufrieden die Italienerinnen und Italiener mit der Politik der Regierung Meloni sind.
Am eigentlichen Problem der italienischen Justiz, nämlich den langen Prozessen, wird die Justizreform allerdings nichts ändern.