Italien ist heute politisch so stabil wie schon lange nicht mehr. Und das liegt vor allem an einer Person: an Giorgia Meloni. Diese Woche feiert sie ihr Regierungsjubiläum, seit drei Jahren ist sie mit ihrer rechtskonservativen Koalition an der Macht. Italien-Korrespondent Franco Battel zieht Bilanz.
Ist Meloni die erfolgreichste Regierungschefin in Italien seit Berlusconi?
Wenn sich der Erfolg an der Langlebigkeit einer Regierung misst, dann stimmt das. Die Regierung Meloni gibt es nun seit drei Jahren und nur Silvio Berlusconi hat ohne Unterbruch noch längere Zeit regiert. Allerdings: Grosse Reformen ist Meloni bisher schuldig geblieben. Inhaltlich bleibt also unter Meloni vieles beim Alten. Aber ihr grosses Verdienst ist es, das Land solide und stabil zu verwalten.
Was sind denn die Gründe für diese Stabilität unter ihr?
Als Meloni noch in der Opposition war, da schrie sie, war sie laut, schimpfte sie über Brüssel. Auch beleidigend. Als sie dann vor drei Jahren Regierungschefin wurde, legte sie das vom ersten Tag an ab. Sie mässigte sich, extreme Positionen gab sie fast vollständig auf und sie wurde zu einer Moderatorin ihres Rechtsbündnisses, das ja auch viele Wählerinnen und Wähler der gemässigten Mitte vertritt.
Meloni hatte mehrere grosse Reformen versprochen. Was ist aus diesen Versprechen geworden?
Davon ist bisher noch wenig zu sehen. Allen voran ist wenig zu sehen von der Regierungsreform. Meloni möchte einen Regierungschef oder eine Regierungschefin, der oder die direkt vom Volk für fünf Jahre gewählt wird, auch eine Justizreform oder mehr Kompetenzen für Italiens Regionen. Keine dieser drei Reformen hat Meloni bisher umsetzen können, weil die Reformen einerseits zu teuer wären oder weil sie schlecht geplant wurden. Oder weil es Widerstände im Volk dagegen gibt. Oder weil die Regierung selbst bei diesen grossen Reformen gespalten ist. Die Bilanz ist tatsächlich ernüchternd. Das hat Meloni aber bisher erstaunlicherweise nicht geschadet. Vielleicht, weil das Volk eben gar keine grossen Reformen will, sondern schon damit zufrieden ist, wenn Meloni ruhig und stabil regiert.
Die Italienerinnen und Italiener wünschen sich höhere Löhne, eine bessere Kaufkraft. Was hat Giorgia Meloni in diesen Bereichen bewirken können?
Wenig. Die Löhne in Italien bleiben tief. Bei diesen tiefen Löhnen aber sind die Preise auch durch die Inflation kräftig gestiegen. Beim italienischen Sorgenbarometer steht das meistens ganz zuoberst. Also die Furcht vor hohen Preisen und auch die Frustration über die tiefen Löhne.
Warum ist da Meloni trotzdem so beliebt, wenn sie in diesen Bereichen nicht viel erreichen konnte?
Weil eine Mehrheit der Italienerinnen und Italiener davon ausgeht, dass Meloni es wohl am ehesten schafft, diese Probleme mit einer stabilen Regierung anzugehen. Aber die Geduld, die man Meloni entgegenbringt, die wird wahrscheinlich nicht ewig dauern.