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Kein strafbares Handeln Ahrtal-Flutkatastrophe: Verfahren gegen Krisenstab eingestellt

  • Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat die Ermittlungen im Ahrtal nach der Flutkatastrophe im Juli 2021 eingestellt. Es bestehe kein hinreichender Tatverdacht, räumte der Ankläger ein.
  • Die Flutkatastrophe forderte mindestens 185 Menschenleben und verursachte schwerwiegende Schäden in der Region, einschliesslich des Verlusts von Tausenden von Häusern.
  • Obwohl der Katastrophenschutz im Landkreis Ahrweiler erhebliche Mängel aufwies, führten diese laut Staatsanwaltschaft nicht zur Strafbarkeit der Verantwortlichen.

Die Flutkatastrophe im Juli 2021 im deutschen Ahrtal hat die Menschen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen traumatisiert. In ganz Deutschland standen die Flaggen auf halbmast. Tausende Häuser wurden zerstört, Strassen und Brücken weggespült. Ein Mensch gilt zudem weiterhin als vermisst.

Und auch in Nordrhein-Westfalen starben 49 Menschen in den Fluten. Nun hat die Staatsanwaltschaft Koblenz die Ermittlungen zur Ahrtal-Katastrophe eingestellt.

Alter, schmutziger Rohrleitungenhaufen vor einem trüben Landschaftshintergrund.
Legende: Durch die Flutkatastrophe vom 14. auf den 15. Juli 2021 waren in Rheinland-Pfalz 136 Menschen ums Leben gekommen, davon 135 in der Ahr-Region und eine Person im Raum Trier. Reuters / Thilo Schmülgen

Ein hinreichender Tatverdacht gegen den ehemaligen Ahr-Landrat Jürgen Pföhler und einen Mitarbeiter aus dem Krisenstab habe sich nicht ergeben, sagte der Leiter der Staatsanwaltschaft Koblenz, Mario Mannweiler, anlässlich einer Medienkonferenz. Es stand der Vorwurf im Raum, dass der Landkreis Ahrweiler womöglich zu spät vor der Flutkatastrophe gewarnt hatte.

Über einen Zeitraum von über zweieinhalb Jahren waren Pföhler und der Mitarbeiter wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung Ermittlungen ausgesetzt. Pföhler und der Mitarbeiter haben beide durch ihre Anwälte bestritten, strafrechtlich relevantes Verhalten gezeigt zu haben.

Mangelhaftes Krisenmanagement begründet keine Strafbarkeit

Zum gleichen Schluss kam jetzt der untersuchende Staatsanwalt. Es habe sich um eine aussergewöhnliche Naturkatastrophe gehandelt, deren extremes Ausmass für die Verantwortlichen des Landkreises Ahrweiler nicht konkret vorhersehbar gewesen sei.

«Die Flut 2021 hat alles, was die Menschen zuvor erlebt haben, weit übertroffen und war für Anwohner, Betroffene, Einsatzkräfte und Einsatzverantwortliche gleichermassen subjektiv unvorstellbar», argumentiert die Behörde in Koblenz.

Dass der Katastrophenschutz in der Region unzureichend organisiert war, wird nicht bestritten. Ebenso wenig, dass das Führungssystem eine ganze Reihe von Mängeln aufgewiesen habe. Diese «durchaus beachtlichen Mängel», die ein Gutachter festgestellt hat, begründen aus Sicht der Staatsanwaltschaft aber keine Strafbarkeit.

300 Gigabyte verfahrensrelevante Akten

Die Ermittlungen hatten sich lange hingezogen, auch weil sie eine bisher nicht gekannte Dimension hatten. Mehr als 300 Zeugen wurden nach Angaben des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz vernommen. Mehr als 20 Terabyte an digitalen Daten seien gesichert und ausgewertet worden, mehr als 300 Gigabyte seien potenziell verfahrensrelevant gewesen. Es habe ausserdem viele Durchsuchungen gegeben. Für den Zeitraum der Flut seien bei Leitstellen der Feuerwehr und Polizei 15'500 Notrufe gesichert worden.

Pföhler selbst ist inzwischen nicht mehr im Amt. Der damalige Landrat war seit August 2021 krankheitsbedingt nicht mehr im Dienst und wurde im Oktober 2021 schliesslich auf eigenen Antrag wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.

SRF 4 News, 18.04.2024, 15:00 Uhr ; 

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