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Konflikt in Gaza Schuldzuweisungen für 60 Tote

  • Bei Protesten sind am Montag im Gazastreifen 60 Palästinenser von israelischen Soldaten getötet worden.
  • Das Vorgehen Israels hat international Kritik ausgelöst. Südafrika und die Türkei riefen ihre Botschafter für Beratungen zurück.

Gaza beginnt sich langsam aus dem Schockzustand zu lösen, in den es nach den Ereignissen vom Montag gefallen war. SRF-Korrespondent Pascal Weber machte sich ein Bild vor Ort und reiste am Tag vor Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan in den Gaza-Streifen.

Im grössten Spital im Nordosten von Gaza-Stadt liegen viele derjenigen, die bei den Protesten am Montag verwundet worden sind. Ayman al-Sabhani ist Leiter der Notfall-Abteilung des al-Shifa Spitals. Er schildert die katastrophale medizinische Versorgung vor Ort: «Die Operationssäle sind bis zu diesem Moment voll belegt. Die ganze Notfallabteilung ist voll. Wir haben kein einziges freies Bett mehr im Shifa-Spital.»

«Weshalb schiessen sie auf uns?»

Mehr als 500 Verletzte waren am Montag in das Spital eingeliefert worden. Die meisten mit Schussverletzungen an den Beinen – einige jedoch auch mit Schussverletzungen im Kopf oder in der Brust. Für diese kam jede Rettung zu spät, sagt Ayman al-Sabhani gegenüber SRF: «Hier sind am Montag 18 Menschen gestorben. Sie hatten Kugeln im Kopf oder Kugeln im Herz. Was heisst das? Das heisst, dass sie gezielt getötet wurden. Man wollte diese unschuldigen Menschen gezielt töten.»

Insgesamt sind laut der UNO seit Beginn der Protestmärsche Ende März am Grenzzaun zu Israel 104 Palästinenser getötet worden. Unter ihnen auch 12 Kinder – alleine am Montag waren acht minderjährige unter den Todesopfern. Im Spital in Gaza-Stadt fehlen auf der Notfallstation dafür die Worte, schildert Ayman al-Sabhani: «Die Kinder fragen uns: ‹Weshalb schiessen sie auf uns? Weshalb töten sie uns? Weshalb? Weshalb?› Niemand kann diese Frage beantworten. Niemand.»

Während die Perspektivlosigkeit im Gaza-Streifen bereits Nährboden ist für Radikalisierung der jüngsten Generation, wurde Israel international für den Armeeeinsatz am Montag kritisiert. Der Botschafter Israels in der Schweiz, Jcob Keidar, hat SRF ein Interview zum Thema angeboten.

Terroristen und ihre Opfer – aus israelischer Sicht

Auf die Frage, ob Israel mit seinem Militäreinsatz nicht in Kauf genommen habe, dass Unschuldige ums Leben kommen, antwortete Keidar: «Ich denke eine grosse Zahl derjenigen Leute, die getötet wurden, sind Terroristen der Hamas und Islamisten. Leider verstecken sich die Terroristen oft hinter Zivilisten – speziell bei den aktuellen gewalttätigen Auseinandersetzungen.»

Konfrontiert mit den Schilderungen des Notfallarztes in Gaza-Stadt, antwortete der Botschafter Israels: «Das letzte was wir sehen möchten, ist wie Kinder getötet werden. Das ist etwas Schreckliches. Wenn wir solche Tragödien sehen, gibt uns dies ebenso einen Stich ins Herz. Doch wenn die Hamas Jugendliche vor sich los schickt und sich hinter ihnen versteckt, dann müssen wir sie stoppen, wenn sie versuchen den Zaun zu übersteigen.»

«Ich bete, dass wir Frieden finden können»

Ein führendes Mitglied der Hamas teilte mit, dass es sich bei 50 von den insgesamt 62 Getöteten in dieser Woche um Hamas-Mitglieder handle. Auf die kritische Nachfrage von SRF, ob die getöteten Kinder aus Sicht Israels ein Kollateralschaden seien, widersprach Botschafter Keidar: «Es ist etwas, das wir um jeden Preis verhindern möchten. Aber manchmal passiert es leider, wie wir sehen mussten.»

Angefacht wurden die Proteste der Menschen im Gaza-Streifen durch die Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem. Lange galt, dass eine Botschafts-Verlegung nach Jerusalem nur als Bestandteil eines umfassenden Friedensplans in Frage kommt.

Der Botschafter Israels in der Schweiz zeigte sich jedoch skeptisch, dass die Palästinenser wegen diesem Schritt die USA in Zukunft nicht mehr als neutralen Vermittlerin akzeptieren würden: «Ich denke, schon sehr bald werden die USA mit einem neuen Plan kommen, zumindest sagen sie das. Und ich hoffe und bete – besonders in diesen Tagen in denen wir das 70-jährige Bestehen von Israel feiern – dass wir Frieden finden können.» Dieser Frieden ist zurzeit jedoch noch in weiter Ferne.

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