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Konflikt um Berg-Karabach Armenischer Kampfjet soll abgeschossen worden sein

  • Im blutigen Konflikt um die Unruheregion Berg-Karabach ist nach armenischen Angaben ein Kampfjet des Typs Suchoi-25 abgeschossen worden.
  • Der Pilot sei dabei getötet worden, teilte die Sprecherin des armenischen Verteidigungsministeriums in Eriwan mit.
  • Das Militär in Aserbaidschan dementierte die Angaben umgehend und bezeichnete die Vorwürfe als Lüge.

Die Sprecherin des armenischen Verteidigungsministeriums behauptete, dass ein türkisches F-16-Kampfflugzeug am Dienstagvormittag die Maschine mit Hilfe aus Aserbaidschan abgeschossen hätte. Dafür gab es aber keine Bestätigung. Aserbaidschan gab bislang an, keine militärische Unterstützung aus dem Nachbarland Türkei zu bekommen und selbst kein F-16-Kampfflugzeug zu besitzen.

Das Militär in Aserbaidschan dementierte die Angaben umgehend und bezeichnete die Vorwürfe als Lüge. Auch der Kommunikationsdirektor des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, Fahrettin Altun, sagte, dass es sich dabei um «billige Propagandatricks» handle. Die Behauptungen stimmten definitiv nicht.

Schwerste Kämpfe seit Jahrzehnten

Die Kämpfe zwischen Armenien und Aserbaidschan dauern seit Sonntag an. Auf beiden Seiten gab es zahlreiche Tote und Verletzte. Beide Länder sprachen bereits von Hunderten Toten auf der gegnerischen Seite. Diese Behauptungen wurden immer wieder dementiert.

In dem Konflikt geht es um die von Armenien kontrollierte Region Berg-Karabach, die völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehört. In einem Krieg nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion verlor Aserbaidschan die Kontrolle über das Gebiet. Es wird heute von christlichen Karabach-Armeniern bewohnt. Seit 1994 gilt eine brüchige Waffenruhe. Das völlig verarmte Armenien setzt auf Russland als Schutzmacht, die dort Tausende Soldaten und Waffen stationiert hat. Das öl- und gasreiche und militärisch hochgerüstete Aserbaidschan hat die Türkei als verbündeten Bruderstaat.

Korrespondent: «Keine Information zum Abschuss ist gesichert»

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Legende: Reuters/Symbolbild

SRF News: Was ist bis jetzt gesichert an diesen Informationen?

David Nauer, SRF-Korrespondent in Moskau: Gesichert ist nichts, wir haben nur die sich diametral widersprechenden Darstellungen der Kriegsparteien.

Wer hat in diesem Konflikt welche Interessen?

Mein Eindruck ist, dass die Armenier diesen Konflikt möglichst internationalisieren wollen. Sie wollen die Welt davon überzeugen, dass sie nicht nur von den Aserbaidschanern, sondern auch von den Türken angegriffen werden. Und dass dieser Angriff nicht nur Berg-Karabach – diesem besonderen Gebiet – gilt, sondern eben auch dem armenischen Kerngebiet. Und der Grund dafür ist simpel: Armenien ist mit Russland über eine Militärallianz verbunden. Wird Armenien nun tatsächlich attackiert – und dann auch noch von einem Nato-Land wie die Türkei –, dann müssten die Russen eigentlich militärisch eingreifen.

Die Aserbaidschaner und die Türken haben genau gegenteilige Interessen. Die wollen die Russen natürlich möglichst aus dem Konflikt draussen halten.

Besteht die Gefahr, dass sich der Konflikt ausweitet?

Ja, diese Gefahr besteht. Und ich würde sagen mit dem heutigen Tag und dieser Geschichte rund um dieses Flugzeug wird dieser Konflikt nicht mehr ein lokales, sondern ein regionales oder im schlimmsten Fall ein globales Problem. Es könnte zu einer weiteren Konfrontation zwischen Russland und der Türkei kommen. Es gibt ja schon in Syrien ähnliche Probleme.

Allerdings gibt es im Kaukasus auch bremsende Faktoren. Vor allem auch, weil Moskau in diesem Konflikt bisher zurückhaltend reagiert. Man hat den Eindruck, die Russen wollen da nicht hineingezogen werden. Warum das so ist, darüber wird in Moskau unter Experten auch gerätselt. Jedenfalls kann man sehen, dass das offizielle Russland im Kaukasus eher versucht, mässigend auf die Kriegsparteien einzuwirken. Wenn auch bisher nicht mit besonders grossem Erfolg.

SRF 4 News, 29.09.2020, 17 Uhr ; 

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