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Peking involviert immer mehr Entwicklungsländer in die Seidenstrasse
Aus 10 vor 10 vom 07.09.2023.
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Kontroverses Megaprojekt Chinas neue Seidenstrasse wird zehn Jahre alt

Während aus chinesischer Sicht die neue Seidenstrasse eine Erfolgsgeschichte ist, wächst im Ausland die Skepsis.

Der Glockenturm von Xi’an ist ein Touristenmagnet. Junge Chinesinnen und Chinesen posieren vor dem historischen Gebäude für Fotos, darunter auch die Lehrerin Zhou Mengfei: «Xi'an spielt eine wichtige Rolle in Chinas Geschichte und war einst das Tor zur Seidenstrasse.»

In der Antike und im Mittelalter war die Seidenstrasse die wichtigste Handelsroute zwischen China und Europa. Mit dem wachsenden Seehandel in der frühen Neuzeit verlor dieser Landweg und damit auch die Stadt Xi’an an Bedeutung. Bis vor zehn Jahren, als Chinas Präsident Xi Jinping die Idee einer neuen Seidenstrasse lancierte.

Karte.
Legende: Die neue Seidenstrasse erstreckt sich über Land und Wasser und verbindet China mit weiten Teilen Afrikas, Asiens und Europas. SRF/Deutschlandfunk

Ein Handelsnetz von Asien bis nach Afrika und Europa

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Am 7. September 2013 sprach Chinas Präsident Xi Jinping bei einem Staatsbesuch im Nachbarland Kasachstan zum ersten Mal davon, den historischen Handelsweg wiederzubeleben: «Es ist eine grossartige Sache, die den Menschen aller Länder entlang der Seidenstrasse zugutekommt.»

In den folgenden Jahren begann China ein riesiges Handelsnetz aufzubauen. Zur neuen Seidenstrasse, auch bekannt als Belt-and-Road-Initiative, gehören verschiedene Wirtschaftskorridore. Diese erstrecken sich über Asien bis nach Afrika und Europa. Als Peking das Projekt startete, spielte Innenpolitik eine wichtige Rolle. Das erklärte Ziel: den strukturschwachen Westen Chinas fördern und die eigene Wirtschaft ankurbeln.

Heute ist die neue Seidenstrasse weit mehr als eine Wirtschafts- und Handelsinitiative. Laut Simona Grano, Sinologin an der Universität Zürich, dient sie auch der Machtpolitik Pekings: «Man wollte die USA als wichtigster globaler Kreditgeber ersetzen und sich somit als globale Macht präsentieren können, vor allem in Entwicklungsländern.» Bis heute haben über 100 Länder mit China Kooperationsverträge für den Bau von Zuglinien, Strassen und Häfen entlang der neuen Seidenstrasse unterzeichnet.

Der Güterbahnhof von Xi'an ist heute ein wichtiger Knotenpunkt des Projekts. Davon profitieren lokale Unternehmer wie Chao Yonglin: «In China ist der Handel in den Küstengebieten sehr viel stärker entwickelt. Xi’an liegt im Landesinnern und war deshalb in der Vergangenheit kaum in das Import- oder Exportgeschäft involviert. Aber dank der Belt-and-Road-Initiative haben wir nun mehr Möglichkeiten.»

Chao Yonglin und seine kirgisische Frau betreiben verschiedene Onlineshops auf Russisch und verkaufen in China produziertes Küchenzubehör nach Zentralasien und Russland. «Die Zugfahrt nach Moskau dauert zehn bis zwölf Tage. Das ist für Fracht ab Xi’an sehr schnell.»

Auf dem Weg nach Moskau durchquert die neue Seidenstrasse mehrere Provinzen und Städte, darunter auch Zhangye. Die Kleinstadt in der Provinz Gansu lebt vor allem von der Landwirtschaft. Am Stadtrand stehen moderne Gewächshäuser, gefördert vom Staat. «Die Belt-and-Raod-Initiative ist eine nationale Politik», erklärt Taxifahrer Wang Yingchao. «Es geht vor allem darum, die lokale Wirtschaft anzukurbeln.»

Auch der Tourismus profitiert

Nicht nur der Handel profitiert von der neuen Seidenstrasse, sondern auch andere Wirtschaftszweige wie zum Beispiel der Tourismus. Die Region vermarktet mittlerweile unter dem Label Belt-and-Road auch ihre Sehenswürdigkeiten, wie etwa die nahe gelegenen Regenbogenberge.

Regenbogenberge in Zhangye.
Legende: Die Regenbogenberge in Zhangye sind ein Touristenmagnet. SRF / Claudia Stahel

Allein dieses Jahr haben bereits über zwei Millionen Menschen diese Berge besucht. «Früher kam niemand nach Zhangye, um zu investieren», erinnert sich Wang Yingchao. «Nun konsumieren die Touristen hier, davon haben auch wir Einheimischen etwas.»

Weiter im Nordwesten, in der Provinz Xinjiang, überquert die neue Seidenstrasse schliesslich die Grenze zu Kasachstan. Auch in der chinesischen Grenzstadt Khorgos steht man hinter dem Infrastrukturprojekt.

Italien droht mit Ausstieg aus der neuen Seidenstrasse

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Im März 2019 hat sich Italien als erste westliche Nation dem Milliardenprojekt angeschlossen. Allerdings hat das Land nicht wie erhofft profitiert. So hat sich die Handelsbilanz mit China weiter zuungunsten Italiens verschlechtert. Inzwischen bezeichnet die neue Regierungschefin Giorgia Meloni den Beitritt von damals als grossen Fehler.

Auch in Entwicklungs- und Schwellenländern wird Kritik laut. In Sri Lanka etwa protestierten buddhistische Mönche. Ihr Vorwurf an die Regierung: Sie verkaufe das eigene Land an China, ohne dass die Bevölkerung wirtschaftlich profitiere. Länder wie Sri Lanka erhalten Kredite von China, um die Bauprojekte zu finanzieren. Viele von ihnen können die Kredite an China nicht zurückzahlen. In der Folge vergibt China Rettungskredite und bindet die verschuldeten Länder nur noch stärker an sich.

Wang Jigang vom lokalen Tourismusbüro will nur über die positiven Seiten der neuen Seidenstrasse sprechen. «Als die Menschen vor zehn Jahren nach Khorgos kamen, sahen sie einen Ort mit rückständiger Infrastruktur, kleiner Bevölkerungszahl und veralteter Denkweise.» Heute sei Khorgos eine brandneue Stadt mit einer vielversprechenden Zukunft.

Aus chinesischer Sicht ist die neue Seidenstrasse eine Erfolgsgeschichte, auch wenn die Wahrnehmung im Westen zunehmend eine andere ist.

10vor10, 07.09.2023, 21:50 Uhr

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