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Krieg in der Region Tigray «Die Berichte von Gräueltaten sind belegt und dokumentiert»

In Äthiopien ist es im Zuge des Bürgerkriegs laut einem Bericht von Human Rights Watch und Amnesty International zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie zu ethnischen Säuberungen gekommen.

Betroffen ist die Bevölkerung der Region Tigray, verantwortlich für die Verbrechen sollen vor allem Milizen aus der benachbarten Amhara-Region sein. Der Äthiopien-Experte Tobias Hagmann mit einer Einschätzung.

Tobias Hagmann

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Der Schweizer Tobias Hagmann ist Professor für internationale Entwicklung an der Roskilde Universität in Dänemark.

SRF News: Wie plausibel sind die Vorwürfe der Menschenrechtsorganisation?

Tobias Hagmann: Sie sind nicht nur plausibel, sie sind auch belegt und dokumentiert. Man wusste schon seit Beginn des Krieges im November 2020, dass es zu Gräueltaten, Massakern und Vertreibungen gekommen ist. Jetzt aber liegt erstmals ein Dokument vor, das versucht, die Geschehnisse zu belegen.

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Die Ergebnisse des Berichts von HRW und AI überraschen Sie also nicht?

Nein. Das betroffene Gebiet im Westen der äthiopischen Region Tigray ist seit Beginn des Krieges abgeschottet, Journalisten oder Helfer haben überhaupt keinen oder kaum Zugang. Von Anfang an aber kamen von dort Berichte über Gräueltaten.

Es gab von Anfang an Berichte über Gräueltaten.
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Überprüft werden konnten sie aber nicht. Auch stritten sowohl die äthiopische Zentralregierung wie auch die Regierung der südlich von Tigray liegenden Region Amhara die Vorfälle ab und sprachen von «Propaganda».

Wie sind die Organisationen für ihren Bericht vorgegangen?

Sie haben Interviews mit Opfern und Zeugen der Gräueltaten geführt, viele davon in Sudan. Insgesamt flohen wegen des Kriegs mehr als 100'000 Menschen aus der Region Tigray, bis zu 20'000 von ihnen in das Nachbarland. Insgesamt führten HRW und AI rund 400 solche Interviews. Teils vor Ort, teils telefonisch.

Wer sind die Milizen aus Amhara, denen die Vorwürfe der Gräueltaten hauptsächlich gelten?

Es handelt sich dabei um eine Art paramilitärische Truppen, dazu gehören auch bewaffnete Zivilisten aus der Region Amhara südlich von Tigray. Sie kämpfen für die Anliegen und Rechte der Amhara-Volksgruppe. Hintergrund der Beteiligung dieser Milizen im Tigray-Konflikt bildet der langjährige Streit in der Frage, ob der westliche Teil von Tigray zur Region Amhara gehören soll.

Es geht um den langjährigen Streit, zu wem der westliche Teil der Tigray-Region gehören soll.
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1991 schlug die damalige Regierung das umstrittene Gebiet zur Region Tigray. Als nun der Krieg in Tigray im November 2020 zwischen den Tigray-Milizen und den Truppen der Zentralregierung ausbrach, nutzten die Amhara-Milizen die Situation aus, um das umstrittene Gebiet zurückzuerobern. Sie taten das äusserst brutal.

Was kann der Bericht von HRW und AI bewirken?

Die lokalen und äthiopischen Behörden bezeichnen solche Berichte stets als unwahr und Propaganda. Auch kennt Äthiopien keinen Mechanismus, um Kriegsverbrecher vor Gericht zu bringen. Trotzdem ist es extrem wichtig, dass Menschenrechtsorganisationen die Gräueltaten dokumentieren. Denn falls es jemals zu einem Prozess kommen wird, bei dem es um Rechenschaft oder Gerechtigkeit geht, werden diese Berichte zur Dokumentation der Vorgänge gebraucht werden.

Das Gespräch führte Adam Fehr.

SRF 4 News aktuell vom 7.4.2022, 08:50 Uhr ; 

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