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Krieg in der Ukraine Jetzt wollen auch die Finnen in die Nato

Putins Krieg in der Ukraine führt in Finnland zu einem Umdenken. Inzwischen wollen zwei Drittel der Bevölkerung der Nato beitreten.

Darum geht es: Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine sind laut einer aktuellen Umfrage knapp zwei Drittel der Finninnen und Finnen für einen Beitritt ihres Landes zum Verteidigungsbündnis Nato. Noch im Januar war es nur ein Drittel gewesen. «Ich denke, die Regierung wird noch dieses Jahr, spätestens aber nächstes Jahr den Beitritt zur Nato beantragen», sagt SRF-Nordeuropa-Mitarbeiter Bruno Kaufmann. Für Finnland bedeute dies eine «Zeitenwende».

Finnland erst seit 1917 unabhängig

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Finnland ist seit Ende 1917 von Russland unabhängig. Seither musste sich das Land mit einer 1300 Kilometer langen Grenze zu Russland immer wieder damit beschäftigen, wie es seine Unabhängigkeit schützen und sichern kann. Mehrmals kam es zu Kriegen mit der Sowjetunion, etwa 1939 zum Winterkrieg und 1944 zum Fortsetzungskrieg, nach denen Finnland u.a. weite Teile Kareliens an Moskau abgeben musste. Nach dem Kalten Krieg schloss sich Finnland 1995 der Europäischen Union an, um die Unabhängigkeit abzusichern. Und jetzt, nach dem russischen Angriff auf die Ukraine, steht ein Beitritt zur Nato definitiv zur Diskussion.

Deshalb jetzt zur Nato: In den letzten 70 Jahren hatte sich der finnische Kurs aus Nähe und zugleich Distanz gegenüber der Sowjetunion respektive Russland als stabil bewährt. Finnland konnte sich international sehr erfolgreich positionieren. Doch der Angriff Putins auf die Ukraine zeigt: Wer nicht einem Verteidigungsbündnis angehört, ist vor einem russischen Angriff nicht geschützt. «Da ist es nicht wirklich überraschend, dass jetzt viele Finnen und Finninnen umdenken», sagt Kaufmann. Von einem Nato-Beitritt erhofft sich Finnland mehr Sicherheit – denn ein Angriff auf ein Nato-Mitglied ist ein Angriff auf alle Nato-Länder, was diese dazu zwingen würde, Finnland militärisch beizustehen.

So würde sich das Verhältnis zu Moskau verändern: In den letzten Jahren hatte das Putin-Regime stets betont, dass man einen Beitritt Finnlands zur Nato nicht akzeptieren würde – übrigens auch einen solchen Schwedens nicht. «Doch mittelfristig müsste sich ein Nato-Beitritt nicht unbedingt negativ auf die Beziehungen zu Russland auswirken – das sieht man am Beispiel Norwegen», ist Kaufmann überzeugt. Allerdings hänge dies vor allem von der künftigen Regierung in Moskau ab.

Die finnische Regierung wird wohl noch dieses Jahr, spätestens aber nächstes Jahr den Beitritt zur Nato beantragen.
Autor: Bruno Kaufmann SRF-Nordeuropa-Mitarbeiter

Das bedeutet der Beitritt für die Region: Die Ostsee würde quasi zu einem Nato-Binnenmeer, was Russland sicher nicht gefallen würde. Denn so wären an der Ostsee nur noch die kleine, zu Russland gehörende Exklave Kaliningrad und die Region um St. Petersburg Küstenabschnitte von nicht-Nato-Ländern. «Sicherheitspolitisch würde die Ostsee für Moskau zu einem verlorenen Meer», so der Korrespondent. Weil dies den russischen Druck auf die Ukraine am Schwarzen Meer nochmals erhöhen würde, will sich Finnland denn auch nicht überhastet der Nato anschliessen – sondern wohl eher mittelfristig.

SRF 4 News aktuell vom 17.3.2022, 08.50 Uhr ; 

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