Immer wieder bombardiert Russland die ukrainischen Häfen und sorgt dafür, dass das ukrainische Getreide nicht transportiert werden kann. Umso wichtiger ist für ukrainische Schiffe der Weg über die Donau ins Schwarze Meer. Ein Weg, der über Rumänien und durch eines der grössten Naturschutzgebiete Europas führt.
Und so mäandrieren ukrainische Schiffe seit dem Krieg durchs Donaudelta, eine geschützte Welt voller Wasserläufe und Schilfwälder. Dort, sagt Adrian Maizel von der Donauflussverwaltung, sei das Navigieren besonders schwierig.
Hochbetrieb im Donaudelta
Die Donau verengt sich im Delta von einem Kilometer auf 60 Meter. Hier geleiten rumänische Lotsen die Schiffe durchs Gewässer. Normalerweise führen hier jeden Monat 100 Schiffe durch. Seit dem Krieg in der Ukraine sind es bis zu 450 Schiffe. Die Donauflussverwaltung musste in kurzer Zeit alles umstellen.
Im Hafen von Galați zeigt Adrian Maizel auf einen roten Punkt weit weg im Graublau des Flusses. Dort ist eine der neuen Bojen. Sie ist mit Licht und Sensoren bestückt, sodass man nun auch nachts fahren kann.
Dank Geld aus der Europäischen Union hat die Donauverwaltung auch eine Software gekauft, die allen Lotsen zeigt, wo welches Schiff gerade ist. Auf Meisels Bildschirm wuseln auf dem Schwarzen Meer Punkte wie ein Bienenschwarm.
Das Gebiet an der Mündung der Donau ist stark befahren. Letztes Jahr haben hier bis zu 150 Schiffe darauf gewartet, vom Meer auf den Fluss zu gelangen. Die Rumänen haben innert weniger Monate mehr Lotsen angestellt. 60 statt 20 sind es heute. Pensionierte kamen zurück. Der Lohn wurde erhöht, das Training verkürzt.
Kanalerweiterung mit Folgen für Naturschutzgebiete
Das ist riskant. Es habe zwar bisher keine Unfälle gegeben, dazu könnte es aber jederzeit kommen, sagt Meisel. Dann zeigt der Mann von der Donauverwaltung auf einen anderen Punkt auf dem Bildschirm, auf einen wunden Punkt. Der Punkt ist ein ukrainisches Schiff, das den Bystre-Kanal auf ukrainischem Gebiet ausgräbt. Das Ziel: noch mehr ukrainische Schiffe auf der Donau.
Doch es gibt ein Problem: Ab einer gewissen Tiefe werden viele kleine Kanäle in Rumänien trockengelegt. Ein Teil des Naturschutzgebietes versandet, und das empört Rumänien. Krieg, Bedürfnisse der Weltwirtschaft und Naturschutz lassen sich kaum vereinbaren.
Rumänien und Russland – eine schwierige Beziehung
Einerseits bringt die Schifffahrt auf der Donau Rumänien dank der Transitgebühren gutes Geld. Im vergangenen Jahr war es so viel, dass die Flussverwaltung dem Staat etwas zurückzahlen musste. Anderseits ist da wohl der angeborene Wunsch, der Ukraine gegen das feindliche Russland zu helfen, unter dessen kommunistischem Einfluss Rumänien jahrzehntlang gelitten hat.
Bedroht durch Russland im Sinne einer direkten Kriegsgefahr fühlt sich das EU- und Nato-Mitglied Rumänien zwar nicht. Doch immerhin ist Russland seit der Annexion der Halbinsel Krim 2014 bis auf 200 Kilometer an Rumänien herangerückt. Wiederholt stürzten auch schon russische Drohnen in Rumänien ab. Auch die Vorherrschaftsgelüste der Russen im Schwarzen Meer sind Bukarest ein Dorn im Auge. Nicht zuletzt entsteht in Rumänien zurzeit für Milliarden mit Abstand grösste Nato-Basis in Europa.