Zum Inhalt springen

Krieg in der Ukraine Was es mit dem «Z» auf sich hat

Kriegssymbol oder einfach militärisches Erkennungszeichen? Die Bedeutung und die Diskussion um ein Verbot im Überblick.

Das Zeichen: Eigentlich gibt es im Kyrillischen den Buchstaben «Z» in dieser Schreibweise nicht, und doch taucht er nun überall auf: an Hauswänden, an Autos, auf der Brust des russischen Turners Iwan Kuljak beim Weltcup in Doha, als T-Shirts – in Russland, aber auch ausserhalb.

Marktfrau, dahinter ein T-Shirt mit Audruck.
Legende: Ein «Z» statt das Konterfei von Che Guevara: Auf den Strassen von Sankt Petersburg kann man jetzt T-Shirts mit Z-Symbol kaufen. Reuters

Die Bedeutung: Laut Marcel Berni, Strategieexperte an der Militärakademie der ETH Zürich, hat sich das Zeichen verselbständigt. «Es war zu Beginn ein militärisches Erkennungszeichen, das die Russen schon im Syrienkrieg gebraucht haben», wie er gegenüber SRF im Podcast News Plus sagt. Mittlerweile sei es vom militärischen Erkennungszeichen zum Symbol für die Unterstützung des russischen Krieges in der Ukraine geworden. Doch die Experten sind sich nicht einig, was es genau bedeutet.

Mann mit Mikrophon, dahinter Menschenmenge und Plakat mit Aufschrift.
Legende: Anlässlich von Putins Rede im Moskauer Luschniki-Stadion zum 8. Jahrestag des sogenannten Beitritts der Krim zu Russland ist das «Z» prominent zu sehen. Auf dem Banner steht allerdings «Für Russland» und nicht «Für den Sieg» (18.3.2022). Keystone

Die Theorien: «Wahrscheinlich ist das Z ein einfaches Symbol für die Kriegsanstrengungen oder für die Mobilisierung der eigenen Truppen», so Berni. Dafür spricht, dass das russische Verteidigungsministerium verlauten liess, dass es für den Slogan «Za Pobedu» («Für den Sieg») stehe.

wie beschrieben
Legende: Verwechslung ausgeschlossen: Ein russisches Militärfahrzeug mit dem «Z». Tatsächlich tauchte das S im internationalen Bewusstsein zunächst auf russischen Kriegsgerät an der Grenze zur Ukraine auf, wie die «New York Times» berichtet. Keystone

Andere Theorien besagen, dass das «Z» dazu diene, das eigene – russische – Material wie Lastwagen, Panzer, Artillerie von den gegnerischen Geräten zu unterscheiden, weil beide Kriegsparteien über ähnliches Kriegsmaterial verfügen. Dies gewährleiste die klare Zuordnung zur eigenen Front.

Aneignung durch die andere Seite?

Box aufklappen Box zuklappen

Laut Berni ist es durchaus realistisch, dass sich auch die ukrainische Seite dieses Z-Zeichen zu eigen machen könnte, um die russischen Gegner zu verwirren oder gar eine Infiltration zu starten. Ihm sei aber bisher noch nichts dazu bekannt. «Ich glaube nicht, dass die Ukrainer dieses Z gebrauchen – vor allem, weil sie es klar verabscheuen.»

Das «Z» könnte aber auch für eine 2 stehen: «Am 22.2.2022 hat Putin die Sezession von Donezk und Luhansk unterschrieben. Es könnte also auch diesbezüglich eine Symbolwirkung haben», so Berni.

Zurich: «Angst vor «falscher Interpretation»

Box aufklappen Box zuklappen
Logo an Gebäude.
Legende: Verschwindet vorübergehend von den sozialen Medien: das Logo der Zurich. Keystone

Der Schweizer Versicherungskonzern Zurich reagiert auf die neue Konnotation des grossen Z: Das Zeichen, das auch zum Logo des Konzerns gehört, verschwindet aus den sozialen Medien, wie Zurich am Wochenende mitteilte.

«Wir entfernen vorübergehend die Verwendung des Buchstabens 'Z' aus den sozialen Kanälen, wo er isoliert erscheint und falsch interpretiert werden könnte», erklärte ein Firmensprecher auf Anfrage von Keystone-SDA.

Und schliesslich werde in den russischen Medien der Krieg in der Ukraine von Beginn an als «Operation Z» bezeichnet. Fazit von Berni: «Das Z hat wahrscheinlich verschiedene Ursprünge und hat sich mittlerweile als kleinster gemeinsamer Nenner verselbständigt.»

wie beschrieben.
Legende: Symbolträchtig: Auf einer Mauer im polnischen Poznan wird der ukranische Präsident Wolodimir Selenski als Harry Potter dargestellt. Auf seiner Stirn prangt statt der Narbe ein Z. Dahinter das Gegensymbol: eine ukranische Fahne. Reuters

Das Gegensymbol: Als Gegensymbol der ukrainischen Seite kann man die gelb-blaue Fahne der Ukraine sehen.

Arbeit mit Symbolen – etwas Alltägliches

Box aufklappen Box zuklappen

Laut Berni ist eigentlich jede Landesflagge, jede militärische Erkennungsmarke von einer gewissen Symbolik durchdrungen. «Es ist etwas völlig Alltägliches, dass man vor allem im militärischen Bereich mit Symbolen arbeitet.» Das heisst auf Karten, bei Einheiten zur Identifikation und zur Identitätsfindung. Dies sei ein roter Faden, der sich seit der Antike durch die Geschichte hindurchziehe.

Sie hat im Westen ein Revival erlebt – sie hängen auch in der Schweiz und weltweit vor Fenstern.

Der Vergleich: Auch zu sehen sind Vergleiche zwischen dem «Z» und dem Hakenkreuz. Sind sie zulässig? Berni: «Vergleiche mit dem Dritten Reichen sind per se sehr heikel.» Es handle sich bei beiden um ein militärisches oder auch soziales Symbol. Doch die Intention sei nicht ganz die gleiche.

Plakat mit Z und Hakenkreuz, dazwischen ein Gleichzeichen.
Legende: Bei einer Demonstration gegen den Krieg wird der Buchstabe «Z» auf einem Plakat mit einem Hakenkreuz gleichgesetzt (Cottbus, Deutschland, 13.03.2022). Keystone

Das Verbot:  Mit Verweis auf das Hakenkreuz ist das «Z» in der Tschechischen Republik laut Berni explizit bereits verboten. Und auch in Deutschland wehren sich immer mehr Bundesländer gegen die Verbreitung dieses Propaganda-Zeichens. Niedersachsen und Bayern ordneten an, dass die öffentliche Verwendung des Symbols etwa bei Demonstrationen strafbar ist. Diskussionen laufen auch in Baden-Württemberg. «Das Z-Symbol steht weder für die Russische Föderation noch für russische Kultur oder Herkunft. Es ist ein klares Zeichen für die Unterstützung des völkerrechtswidrigen Angriffes auf die Ukraine und steht für grausame Gewalt auch gegen die Zivilbevölkerung», sagt der baden-württembergische SPD-Politiker, Sascha Binder.  Und laut dem Bundesinnenministerium habe man die Verwendung des Symbols im Blick.

Militärexperte Berni sieht ein Verbot als klare Botschaft der Politik gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, dass man diese Zeichen - und damit die Unterstützung des Angriffs Russland auf die Ukraine - nicht toleriere. Ob es etwas bringe, solche Zeichen zu verbieten, sei allerdings schwierig zu beantworten. Er gibt zu bedenken, dass dies bei den radikalen Kreisen auch dazu führen könne, das Symbol erst recht zu benützen.

Regionaljournal ZH, 27.3.2022, 17:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel