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Desinformation im Internet Propaganda-Schlacht um die Ukraine

Die Ukraine und Russland bekämpfen sich auch im Internet: In den sozialen Medien tobt ein Krieg mit Propaganda und Desinformation.

Wo steckt Wolodimir Selenski? Diese Frage beschäftigte die sozialen Medien in den vergangenen Tagen immer wieder. Der ukrainische Präsident sei ausser Landes geflohen, hiess es wiederholt – was Selenski jeweils mit Selfie-Videos aus der Hauptstadt widerlegte.

Zugleich legten Fotos von ihm in Kampfmontur nahe, dass er an der Front kämpfe. Doch auch dies sei falsch, erklärt Ben Heubl. Der SRF-Recherche-Spezialist arbeitet mit öffentlich zugänglichen Daten und Informationen.

Zum Selenski-Foto sagt er: «Es ist ein altes Bild. Die Suche im Internet zeigt, dass das Foto bereits letztes Jahr, also vor dem Krieg, erstmals hochgeladen wurde.» Während der Invasion sei es absichtlich aus dem Kontext gerissen und in falschem Zusammenhang gepostet worden.

Russische Propaganda-Maschine

Das Beispiel zeigt: In den sozialen Medien tobt eine Schlacht um die Wahrheit – und beide Seiten mischen mit. Das bestätigt Lennart Maschmeyer, der am Center for Security Studies der ETH zum Thema forscht.

In Russland habe Desinformation eine lange Tradition – man habe diese Techniken seit Sowjetzeiten perfektioniert. Über die Ukraine verbreite der Kreml seit Jahren Lügen: «Dass die Regierung korrupt und voller westlicher Agenten ist, dass Amerika diese wie Marionetten steuern und so die Politik beeinflussen könne.»

So erkennt man Fake News

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Für die Nutzer von Social Media stellt sich die Frage: Wie erkennt man Fake News? Eine Checkliste der wichtigsten Punkte:

  1. Wer ist der Absender / die Absenderin?
    Bei etablierten Medien wie SRF, der NZZ oder dem Tagesanzeiger gibt es redaktionelle Kontrollen, die die Qualität der Berichterstattung sicherstellen sollen. Gleiches gilt für Nachrichtenagenturen wie die SDA, DPA, AFP oder Reuters und internationale Medien wie etwa die BBC. Hier ist die Wahrscheinlichkeit für Fake News sehr klein. Ist der Absender kein bekanntes Medium, sollte man etwas vorsichtiger sein. Bei Nachrichten in sozialen Medien lohnt sich ein Blick auf das Profil. Darauf erkennt man, ob die Person schon länger aktiv ist, wie viele Personen sie erreicht und ob sie eine gewisse, z.B. extremistische Haltung verfolgt. Bei Websites gibt das Impressum Auskunft über die Website-Betreiber. Fehlt das Impressum, ist dies ein Alarmzeichen.
  2. Wer ist wirklich der Absender / die Absenderin?
    In sozialen Medien ist der ursprüngliche Absender einer Nachricht oft nicht einfach auszumachen. Gerade in Messenger-Diensten, wie etwa Whatsapp, verbreiten sich Nachrichten sehr schnell. Deshalb kann es nützlich sein, den Text der Nachricht im Wortlaut im Internet zu suchen.
  3. Was will der Absender / die Absenderin?
    In der Regel wollen die Absender von Fake News etwas erreichen. Häufig wird versucht, die Nachricht emotional zu gestalten, sodass möglichst viele Personen sie weiterverbreiten oder aktiv werden. Zeichen hierfür sind schockierende Bilder und reisserische Textpassagen – oft auch mit vielen Ausrufezeichen.
  4. Wie wirkt die Nachricht?
    Der Eindruck kann vieles verraten. Schreibfehler deuten bei Textnachrichten auf mangelnde Sorgfalt hin. Bei gefälschten Videos ist die Qualität oft schlecht. Bild- und Tonfehler können auf Manipulationen hindeuten. Ebenso können Schnitte oder Handlungen, die ausserhalb des Bildes geschehen, gezielt eingesetzt werden.
  5. Gibt es weitere Berichte?
    Von wichtigen Vorfällen gibt es meist mehrere Berichte. Ist man sich bei einer Meldung unsicher, so kann man im Internet nach weiteren Berichten zum Ereignis suchen. Berichten auch andere, vertrauenswürdige Quellen über das Thema, so ist die Wahrscheinlichkeit klein, dass es sich um Fake News handelt.
  6. Gibt es Faktenchecks zum Thema?
    Mehrere Anbieter haben es sich zur Aufgabe gemacht, Fakten zu verifizieren. Dazu gehören etwa «Correktiv», die «Faktenfinder» der ARD-Tagesschau, sowie die Faktenchecks von Nachrichtenagenturen wie DPA, AFP und Reuters. Google bietet eine eigene Suchfunktion für Faktenchecks an. Oft stehen Faktenchecks jedoch erst einige Zeit nach der ersten Meldung zu Verfügung.

Dies ist eine Zusammenstellung häufig genannter Tipps zur Erkennung von Fake News. Bei den Faktencheck-Websites wie Correctiv oder den ARD-Faktenfindern gibt es auch weitere Tipps, um Fake News zu erkennen. Im Fake News Quiz von SRF kann man seine Fähigkeit, Falschnachrichten von echten zu unterscheiden, testen.

Die russische Propaganda wird in den sozialen Medien gezielt verbreitet. Ben Heubl fällt auf: Hinter den Profilen stecken nicht immer echte Menschen. «Das sind Maschinen, sogenannte Bots, die automatisiert folgen und gewisse Nachrichten weiter pushen und das ganz automatisch machen», sagt er. Solche Fake-Profile verbreiteten Desinformation, die dann häufig von Profilen mit vielen Followern weiter geteilt würden.

Ukrainischer Fake-Film

Aber auch die ukrainische Regierung verbreitet Falschnachrichten. So etwa ein Video über einen furchtlosen Kampfjetpiloten. Der «Geist von Kiew» soll allein sechs russische Flieger abgeschossen haben. Nur: Ein Teil der Aufnahmen stammt aus einem Videospiel – der Film ist eine Fälschung. Während die russische Seite die Wahrheit im grossen Stil verdrehe, manipuliere die Ukraine eher im Kleinen, sagt Lennart Maschmeyer. «Sie setzt auf Heldentaten von Bevölkerung und Armee, die sich gegen den übermächtigen Aggressor auflehnen, Widerstand leisten.»

Die ukrainische Strategie sei besser zugeschnitten auf die sozialen Medien, sagt Maschmeyer. Die Propaganda des Kremls gehe bisher kaum viral. «Ich denke ein Grund ist, dass es einfach sehr hölzern wirkt. Es ist plump, was wir aus Russland sehen. Es sind plumpe Lügen, die man einfach entlarven kann.» Militärisch ist die Ukraine Russland unterlegen. Aber in der Propaganda-Schlacht in den sozialen Medien hat sie – Stand jetzt – die Oberhand.

Rundschau, 09.03.2022, 20:05 Uhr

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