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Jane Roe: Die US-Amerikanerin kämpfte auf beiden Seiten der Abtreibungsdebatter
Aus Echo der Zeit vom 24.05.2020. Bild: Keystone
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Leben der Jane Roe Beichte einer Ikone der Abtreibungsbewegung

In den USA wurde die Abtreibung 1973 legalisiert. Das Urteil des Obersten Gerichts ging als «Roe versus Wade» in die Geschichte ein. Ein neuer Dokumentarfilm über die Hauptprotagonisten des Falls, Jane Roe, bewegt seit Tagen die USA.

Das Leben der Norma McCorvey ist voller Widersprüche: Unter dem Pseudonym Jane Roe erlangt sie Anfang der 1970er-Jahre nationale Bekanntheit, als das Oberste Gericht sich ihres Falles annimmt. Die 20-jährige Norma McCorvey will 1969 nur eines – eine Abtreibung, was in ihrem Heimatstaat Texas damals allerdings verboten ist. Die Anwältinnen, denen sie sich deshalb anvertraut, wollen aber mehr – ihr Ziel ist die Legalisierung der Abtreibung im ganzen Land. Und im Januar 1973 ist es so weit: Der Supreme Court legalisiert Abtreibungen.

McCorvey und ihre Anwältin in Siegerinnen-Pose
Legende: Siegerin anno 1973 – Norma McCorvey mit ihrer Anwältin nach dem Urteil des Obersten Gericht. Keystone/Archiv

Norma, die ihr Kind zuvor dennoch Welt bringen musste, hat zu diesem Zeitpunkt das Interesse am eigenen Gerichtsfall bereits verloren. Die Tochter einer alleinerziehenden Alkoholikerin hat eine gewalttätige Kindheit und Jugend erlebt: Erziehungsanstalt, Vergewaltigung, Drogenprobleme. Mit 16 wurde sie zum ersten Mal schwanger, zwei weitere Schwangerschaften folgten, die Kinder gab sie zur Adoption frei. Von ihrer Mutter wurde sie geschlagen. Norma arbeitete als Putzfrau und hatte stets finanzielle Sorgen.

Ikone der Abtreibungsbefürworterinnen

Erst in den 80er-Jahren ändert sich dies. Erstmals gibt sie Interviews als Jane Roe und wird vom sogenannten «Pro-Choice»-Lager, der Bewegung der Abtreibungsbefürworterinnen, zur Ikone stilisiert. Plötzlich steht sie neben Frauenrechtlerinnen wie Gloria Steinem und Stars wie Jane Fonda. Jane Roes Geschichte wird verfilmt mit Holly Hunter in der Hauptrolle.

Doch der «Pro-Choice»-Bewegung ist die echte Norma McCorvey oft peinlich, da sie vulgär ist und sich in Widersprüche verheddert. Ihre Geld- und Suchtprobleme wird sie nie ganz los.

Dokumentarfilm «AKA Jane Roe»

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Legende: Keystone
  • Am Freitag hatte ein neuer Dokumentarfilm über das Leben von Norma McCorvey Premiere.
  • «AKA Jane Roe» sorgte in den letzten Tagen in den USA für Gesprächsstoff.
  • Der Film wurde in den letzten Monaten von McCorveys leben gedreht, bevor sie 2017 im Alter von 69 Jahren gestorben war.

Plötzlich im anderen Lager

1995 kommt es zur dramatischen Kehrtwende: Norma entdeckt das Evangelium und lässt sich medienwirksam in einem Swimmingpool taufen. Sie schliesst sich der «Pro-Life»-Bewegung an und kämpft fortan gegen Abtreibung. Für die Abtreibungsgegner ist Norma McCorvey eine «Art Trophäe», wie Pastor Rob Schenck, einer ihrer Vertrauten von damals, kürzlich in einem Radio-Interview sagte. Er sprach von einer symbiotischen Beziehung: «Wir brauchten sie und sie brauchte uns, denke ich.»

Abtreibungsgegnerinnen am 25. Jahrestag des Urteils im Jahr 1998
Legende: Das Urteil «Roe versus Wade» bewegte die USA – auch 25 Jahre später, und noch heute. Keystone/Archiv

Norma McCorvey, die selber nie eine Abtreibung hatte, kämpft nun also gegen «Roe versus Wade», das Gerichtsurteil, das sie selber angestossen hatte. Doch kurz vor ihrem Tod offenbart sie einem Dokumentarfilmer, dass sie es bloss des Geldes wegen getan habe. Evangelikale Organisationen zahlten ihr insgesamt fast eine halbe Million Dollar.

Der Journalist Joshua Prager schrieb schon vor sieben Jahren, dass Jane Roe ist weder «Pro-Choice» noch «Pro-Life» sei, sie sei immer «Pro-Norma» gewesen. «Stets ist man auf mir herumgetrampelt, aber am Schluss, da hab ich obsiegt», beichtet sie kurz vor ihrem Tod. Norma stirbt 2017 im Alter von 69 Jahren in Texas.

Echo der Zeit, 23.5.2020, 18:00 Uhr

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