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«In Libyen droht eine humanitäre Katastrophe»
Aus Echo der Zeit vom 16.04.2019. Bild: Keystone
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Machtkampf im Maghreb-Staat Libyens Vizeregierungschef warnt vor neuer Flüchtlingswelle

«800'000 könnten versuchen, nach Europa zu kommen»: Ahmed Maiteg warnt in Italien vor den Folgen der neuerlichen Kämpfe – nicht ohne Hintergedanken.

Seit beinahe zwei Wochen wird in Libyen gekämpft. Der abtrünnige General Chalifa Haftar versucht, in der Hauptstadt Tripolis Terrain zu gewinnen. Dort hat die von der UNO ankerkannte Regierung von Fayiz as-Sarradsch ihren Sitz und leistet Widerstand. Sein Stellvertreter Ahmed Maiteg ist seit Montag in Rom. Er sprach mit der italienischen Regierung, aber auch mit Journalisten.

Und was Maiteg sagt, hat es in sich: «In Libyen droht eine humanitäre Krise. Im Süden der Hauptstadt Tripolis haben bisher über 20'000 Menschen ihre Häuser und Wohnungen verlassen und sind geflohen. 120 Tote und 500 Verletzte haben die Kämpfe bisher gefordert.»

Und die von General Haftar angeführten Milizen würden Kriegsverbrechen begehen: «Seine Leute rekrutieren junge Männer, auch Minderjährige, mit Waffengewalt und zwingen sie in ihre Reihen.»

UNO alarmiert über Gewaltausbruch

Trotzdem funktionierten zumindest in einem Teil der Millionenstadt Tripolis Behörden und Infrastruktur weiter. Maiteg sagt: Gewisse Schulen seien offen und die Kinder würden weiter unterrichtet.

Innerhalb von drei Tagen können Migranten mit Hilfe von Schleppern von Süden her, von Niger, durch ganz Libyen bis ans Mittelmeer gelangen.
Autor: Ahmed Maiteg Libyscher Vizeregierungschef

Noch sei es möglich, das Schlimmste zu verhindern, sagte vor ein paar Tagen UNO-Generalsekretär António Guterres. Maiteg bekräftigt diese Aussage und fügt an: Sollten die Kämpfe aber weitergehen, rechne er mit vielen Opfern. Aber auch mit einer neuen, grossen Flüchtlingswelle Richtung Norden, Richtung Italien.

Warnung vor Flüchtlingswelle

«Mehr als 800'000 Personen könnten versuchen, Richtung Europa aufzubrechen», schätzt die von der UNO anerkannte Regierung in Tripolis. Ein Teil dieser Leute sei schon jetzt in Libyen. In jenen Lagern also, in denen gemäss Angaben von Hilfswerken schlimme Zustände herrschten.

Maiteg denkt aber auch an Flüchtlinge und Migranten, die heute noch gar nicht in Libyen sind: «Innerhalb von drei Tagen können Migranten mit Hilfe von Schleppern von Süden her, von Niger, durch ganz Libyen bis ans Mittelmeer gelangen.»

Die Regierung in Tripolis, der er selber als Vizepremier angehört, habe in den letzten Jahren viel dafür getan, die Südgrenze zu Niger und zu Mali besser zu kontrollieren. Wegen der Offensive von General Haftar sei das nun aber in Gefahr. Ein Blick auf die aktuelle UNO-Statistik zeigt allerdings, dass die Zahl der Neuankömmlinge in Italien so tief ist wie seit langem nicht mehr.

Der IS als Nutzniesser?

Maiteg nennt aber noch eine andere Gefahr: die Kämpfer der Terrormiliz IS. Rund 400 von ihnen habe seine Regierung in den letzten Jahren aufgegriffen und inhaftiert. Sollte General Haftar seine Angriffe auf Tripolis aber fortsetzen und sollte dies zu einem allgemeinen Chaos führen, könnten die IS-Kämpfer wieder freikommen.

Mit solchen Aussagen wirbt der Stellvertreter von Regierungschef as-Sarradsch um Unterstützung für seine von der UNO anerkannte Regierung in Tripolis. Doch nur schon innerhalb der EU gehen die Meinungen dazu auseinander, während Staaten wie Ägypten oder Russland deren Widersacher, General Haftar, offen unterstützen. Unter diesen Umständen sind die von Ahmed Maiteg erwähnten Gefahren durchaus ernst zu nehmen.

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