Ministerpräsidentin Giorgia Meloni schaute nach dem Nato-Gipfel ernst in die Kameras und beteuerte: «Wegen der Aufrüstung werde Italien keinen einzigen Euro weniger für andere wichtige Aufgaben ausgeben.» Melonis Botschaft sollte beruhigen: Es werde keinem weh tun, wenn Italien massiv mehr für Verteidigung und Sicherheit ausgibt.
Elly Schlein, die Chefin der Sozialdemokraten, der grössten Oppositionspartei, sieht es anders. Wenn Italien so viel Geld in Waffen investiere, «so bedeute dies nichts weniger als das Ende des Sozialstaates».
Schlein verweist darauf, dass die Wartelisten für Patienten in Italiens Spitälern schon heute lang seien und das Gesundheitswesen in gewissen Regionen vor dem Kollaps stehe. Viele Schulen seien baufällig. Kurz: Italien werde es niemals schaffen, Dutzende von Milliarden zusätzlich in Sicherheit und Verteidigung zu investieren, ohne dass es zu sozialen Einschnitten komme. Aussage steht gegen Aussage.
Italien kann nur schwerlich mehr Schulden machen
Fakt ist: Italien hat in der Tat nur sehr begrenzte Spielräume. Denn während Deutschland die Bundeswehr über zusätzliche Schulden aufrüsten wird, ist dies für das bereits hoch verschuldete Italien viel schwieriger.
Giorgia Meloni fordert darum, dass die EU die strengen Budgetvorgaben des Stabilitätspakts lockert oder dass Brüssel Italien das Geld für die Aufrüstung zinsgünstig vorschiesst – über europäische Schuldpapiere, sogenannte Eurobonds. Doch dagegen gibt es Widerstand von wichtigen EU-Staaten, zum Beispiel von Deutschland.
Das Thema ist explosiv und eignet sich bestens für die Opposition, um Meloni frontal anzugreifen. Denn die oft zerstrittenen Oppositionsparteien sind fast einstimmig gegen Mehrausgaben für Waffen. Auch Umfragen zeigen, dass die meisten Italienerinnen und Italiener kein zusätzliches Geld für die Armee wollen.
Zudem warnt die Römisch-Katholische Kirche vor der Aufrüstung, gestern ganz prominent Papst Leo XIV. Von «einer falschen Propaganda der Wiederbewaffnung» sprach Leo XIV. und davon, «dass die Völker Frieden wollen».
Meloni muss Gelder sprechen
Spätestens nach dem Ferragosto, nach den Sommerferien, beginnt in Italien der meist lange und mühsame Budgetprozess. Meloni wird schon im nächsten Jahr zusätzliche Milliarden locker machen müssen – dabei wird sie auch tief in die Trickkiste greifen: «Die Sicherheit ist heute ein ganz weites Feld. Dazu gehören auch der Grenzschutz, der Kampf gegen illegale Einwanderung, die künstliche Intelligenz, die Forschung, der technologische Wandel.»
Alles Mögliche werden Meloni und wohl auch folgende Regierungen unter den Titeln Verteidigung und Sicherheit abbuchen. Was die Nato-Vereinbarung begrenzt zulässt. Und trotzdem wird Italien in zusätzliche Soldaten und Waffen investieren müssen. Das wird zu harten Verteilkämpfen führen, auch wenn dies Meloni in Abrede stellt.