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Misstrauensvotum gegen May Die neun Leben der Theresa May

Heute Mittwochabend kämpft die britische Premierministerin nicht nur um ihr Amt als konservative Parteichefin und als Premierministerin sondern auch um ihr (einziges) politisches Vermächtnis: einen komplexen, aber letztlich «weichen» und geordneten Brexit.

Mindestens 48 der 316 konservativen Unterhausabgeordneten haben ein Misstrauensvotum angezettelt, oder besser, eine Palastrevolution. Um 22 Uhr, Schweizer Zeit, schliessen die Urnen, kurz danach werden wir wissen, ob May – einmal mehr – durchschlüpft. Sollte sie das Manöver überleben, wäre sie für ein Jahr vor einem weiteren Coup gefeit.

Sabotage um jeden Preis

Die Rädelsführer dieser politisch verantwortungslosen Abstimmung, die 106 Tage vor dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU stattfindet, sind die eisernen Brexit-Befürworter. Ihr Sprecher, Jacob Rees-Mogg, will das Scheidungsabkommen Mays mit der EU um jeden Preis sabotieren. Allein, seine Gefolgsleute und der Einzelkämpfer Boris Johnson stellen eine Minderheit in der Tory-Fraktion dar.

Rees-Mogg hatte schon vor wenigen Wochen versucht, die Premierministerin zu stürzen, und war dabei kläglich gescheitert, weil die 48 nötigen Briefe ausblieben. Allein, in den letzten Tagen ist Theresa May sichtlich geschwächt worden. Sie hat peinliche Abstimmungen im Unterhaus und damit die Kontrolle über das Geschehen verloren. Deshalb musste sie am Montag die Schlussabstimmung über das Scheidungsabkommen verschieben, weil sie hochkant verloren hätte.

Gestern reiste Frau May diagonal durch Europa, um Nachbesserungen zu erbetteln. Ohne sichtbaren Erfolg. Ihre heutige Pilgerreise nach Dublin hat sie inzwischen abgesagt. Sollte sie heute Abend das Scherbengericht überleben, würde sie es vermutlich erst im Januar erneut versuchen, die Zustimmung des Unterhauses zu erlangen. Ihre Erfolgsaussichten bleiben gering.

Bürgerkrieg innerhalb der Konservativen

Sollte May heute verlieren oder zurücktreten, dann bliebe sie als geschäftsführende Premierministerin im Amt. Die Tory-Fraktion würde dann zwei Kandidaten für ihre Nachfolge auswählen. Aus diesen beiden würde die sehr konservative und euroskeptische Parteibasis einen Nachfolger wählen.

Ob ein derartiger Prozess vor dem 21. Januar, wenn alternative Brexit-Pläne vors Unterhaus gebracht werden müssen, abgeschlossen werden kann, ist fraglich. Wie Theresa May heute selbst andeutete: dann müssten die Briten in Brüssel um eine Fristverlängerung bitten oder ihre Austrittserklärung zurückziehen.

Der Brexit bleibt, was er schon immer war: ein gnadenloser Bürgerkrieg innerhalb der Konservativen Partei, die ob dieses heillosen Zwists in absehbarer Zeit zerbrechen wird.

Martin Alioth

Ehemaliger Grossbritannien- und Irland-Korrespondent, SRF

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Der ehemalige Grossbritannien- und Irland-Korrespondent von Radio SRF lebt seit 1984 in Irland. Er hat in Basel und Salzburg Geschichte und Wirtschaft studiert.

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