Er ist der Wettermacher der britischen Politik: Nigel Farage hat das Gespür für Menschen, für Themen und ist ein Meister der politischen Inszenierung. Obwohl er mit seiner rechts-nationalen Partei Reform UK zurzeit lediglich fünf Sitze – von 650 Sitzen im britischen Unterhaus – inne hat, sieht ihn die regierende Labour-Partei als eigentliche Opposition an. Sie richtet wesentliche Politikbereiche nach Farage aus, darunter die Asyl- und Migrationspolitik.
Diese Art von Beschimpfungen treffen einen bis ins Mark.
In Umfragen liegt Reform UK seit Anfang Februar vor der Labour-Partei. Und Farage rechnet sich gute Chancen aus, bald britischer Premierminister zu werden.
Hitler-Gruss auf dem Pausenplatz
Der Überflieger der britischen Politik habe eine dunkle Vergangenheit, warnen Mitschüler, die zusammen mit Nigel Farage die private Mittelschule Dulwich-College in Südlondon besucht haben.
Einer von ihnen ist Peter Ettedgui, ein preisgekrönter britischer Filmemacher. Gegegenüber der linken Tageszeitung «The Guardian» sagt er, Farage habe wiederholte Male die Bemerkung gemacht: «Hitler hatte recht» oder «Vergast sie». Manchmal habe er noch «ein langes Zischen hinzugefügt, um das Geräusch der Gaskammern zu imitieren».
So sei er in seiner Kindheit erstmals mit Antisemitismus konfrontiert worden, sagt Filmemacher Ettedgui. «Ich versuchte, ihn zu ignorieren, aber es war demütigend. Es war beschämend. Diese Art von Beschimpfungen treffen einen bis ins Mark.»
Ich erinnere mich, wie Nigel regelmässig im Stechschritt über den Schulhof marschierte und den Hitler-Gruss machte.
Der Guardian hat die Aussagen von über zwanzig Mitschülern publiziert. Darunter jene von Andy Fields, der als Arzt in einem staatlichen Spital arbeitet. «Ich erinnere mich, wie er regelmässig im Stechschritt über den Schulhof marschierte und den Hitler-Gruss machte.»
Nigel sagte zu mir: Das ist der Weg zurück nach Afrika.
Mehrere Mitschüler reden anonym über das Erlebte. Yinka Bankole steht im Guardian mit Name und Bild zu seiner Aussage. Bankole kam Anfang der 1970er Jahre in London zur Welt, als Sohn einer nigerianischen Einwandererfamilie.
Er sei neun Jahre alt gewesen, als der damals 17-jährige Nigel Farage ihn vor oder nach der Schule rassistisch zu beschimpfen begann. Beim ersten Mal habe sich Farage vor ihm aufgepflanzt und gefragt, woher er komme, um sogleich mit einer Armbewegung anzufügen: «Das ist der Weg zurück nach Afrika.»
Farage: «Geschwätz auf einem Schulhof»
Von der BBC auf die belastenden Aussagen angesprochen, verteidigt sich Nigel: «Habe ich Dinge gesagt, vor 50 Jahren, die man heute als Geschwätz auf einem Schulhof bezeichnen könnte, als unangebrachte Dinge? Ja.» Worauf der BBC-Reporter nachhakt: «Sie haben diese Dinge also gesagt?» Farage kontert: «Ich habe nie jemanden direkt rassistisch gedemütigt. Nein.»
Wenige Tage nach diesem Interview geht Farage zum Gegenangriff auf die BBC über, wirft der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt vor, in den 1970er- und 1980er-Jahren rassistisch-konnotierte Unterhaltungsprogramme ausgestrahlt zu haben.
Farage erwartet von der BBC eine Entschuldigung dafür und droht, bis dahin der BBC die Zusammenarbeit zu verweigern.