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Nach Debakel in Thüringen Die CDU muss die Realitäten anerkennen

Die AfD und die Linke haben in Thüringen zusammen knapp 55 Prozent der Stimmen. Das heisst, die politische Mitte kann nicht allein regieren. Was soll eine CDU in Thüringen tun, wenn sie politisch gestalten will? Und das will sie.

Sie stellte nämlich von 1990 bis 2014 den Ministerpräsidenten. Doch die Bundes-CDU im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin hat die CDU in Thüringen im Stich gelassen. Keine Kooperation irgendwelcher Art, weder mit der Linken, noch mit der AfD, lautet das Mantra.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer verlangte sogar Neuwahlen. Eine erste Umfrage zeigt, was das heissen könnte: Die CDU würde sich fast halbieren und käme noch auf zwölf Prozent. Kramp-Karrenbauer wäre also bereit, die CDU Thüringens für die CDU Deutschlands zu opfern. Doch wie umgehen mit AfD und Linken im Osten?

Die CDU muss mit der AfD konkurrieren

Zuerst zur AfD – für einmal ohne erhobenen Zeigefinger. Zwei Ministerpräsidenten der Union haben Erfahrung im Umgang mit der AfD. Michael Kretschmer reiste 20 Monate durch sein Bundesland Sachsen, um seine CDU-Regierung zu retten und mit den Bürgern zu reden. Zuerst distanzierte er sich nur zögerlich von der AfD, am Ende seiner Tour glasklar.

Und es zahlte sich bei der Landtagswahl aus. In Bayern versuchte CSU-Ministerpräsident Markus Söder zunächst mit einem Rechtskurs der AfD das Wasser abzugraben. Ohne Erfolg. Jetzt grenzt sich auch die CSU klar von der AfD ab. Die Schlussfolgerung daraus lautet: Würde die CDU irgendwie mit der AfD kooperieren, würde die AfD davon profitieren. Die CDU muss mit der AfD konkurrieren. Denn: Die Werte der CDU passen nicht zur AfD.

Die Linke ist näher an der Mitte als die AfD

Nun zur Partei «Die Linke». Auch mit ihr lehnt die CDU Deutschlands jede Zusammenarbeit ab. Denn die CDU definiert sich als Partei der deutschen Einheit. Die Linke aber als offizielle und rechtliche Nachfolgerin der SED, der DDR-Staatspartei, ist für die CDU das Symbol der deutschen Teilung. Doch das ist 30 Jahre her. Diese Abgrenzung reicht als CDU-Markenkern im Jahre 2020 nicht mehr – vor allem nicht in Ostdeutschland.

Dazu kommt: Die Linke in Thüringen ist ein Spezialfall: Sie ist im Prinzip eine Ein-Mann-Partei namens Bodo Ramelow, ihrem Ministerpräsidenten mit Landesvater-Image, für den zuerst Thüringen und erst dann die Partei kommt. Die CDU muss diese Realitäten anerkennen: In Thüringen steht «Die Linke» näher an der demokratischen Mitte als die AfD von Björn Höcke.

Doch bei allem grundsätzlichen Verständnis für die schwierige Lage der CDU-Thüringens: Dass Parteichef Mike Mohring jetzt auf dem Weg in die Ferien ist, lässt an der Lern- und Regierungsfähigkeit dieser Partei und ihrem Führungspersonal ernsthaft zweifeln.

Info 3, 07.02.2020, 17:00 Uhr

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